* 7.3.1907 Freiburg

Erich Martin wurde am 7. März 1907 in Freiburg im Breisgau in Baden geboren. Er arbeitete als kaufmännischer Angestellter und lebte mit seiner Frau Adolfine und seinem Kind in Magdeburg in der Hallischen Straße.

Anfang Februar 1940 lieferte ihn die Polizei Magdeburg in Untersuchungshaft und dort beschrieb man ihn wie folgt: 1,68 m groß, schlanke Gestalt, rasiert, braune Augen und blondes Haar. Am 18. Juni 1940 verurteilte den 33-Jährig das Landgericht Troppau wegen „widernatürliche Unzucht“ zu einem Jahr und sechs Monate Zuchthaus, abzüglich von 166 Tagen Untersuchungshaft und zu drei Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Außerdem stufte ihn das Gericht als „Kriegstäter“ ein.

Zur Strafverbüßung transportierte man ihn zur Schwerstarbeit im Moor in das Strafgefangenenlager Brual-Rhede im Emsland. Von dort überführte man ihn im April 1941 in das Zuchthaus Celle und im Dezember 1941 schließlich in das Zuchthaus Hameln. Am 7. April 1945 befreiten US-Truppen die Stadt Hameln. Nachträglich berechnete man seine Strafzeit, die eigentlich im Juli 1941 hätte enden sollen. Erich Martin entließ man erst am 09. Juli 1945, 38-jährig aus der Haft nach Loberg bei Magdeburg, also zwei Monate nach der Kapitulation.

Die eineinhalb-Jährige Strafe hatte bei ihm fünfeinhalb Jahre angedauert, weil das Gericht seine Kriegstätereigenschaft erklärt hatte. Zu Kriegstätern wurden Soldaten oder taugliche wehrpflichtige Zivilisten erklärt, die ihre Straftat während des Krieges begangen hatten. Die in die Zeit des Krieges fallende Vollzugszeit sollte nicht auf die Strafzeit angerechnet und die Strafe sollte erst ab Kriegsende verbüßt werden. Dies sollte abschreckend wirken, niemand sollte sich durch eine Straftat einem gefährlichen Einsatz an der Front entziehen. Für den Straftäter wurde die Strafzeit unabsehbar lang. In der Nachkriegszeit entfiel diese NS-Regelung und man entließ relativ viele Häftlinge, weil sie schon lange über ihre Strafdauer in den Haftanstalten gewesen waren. War die Strafe hingegen noch nicht verbüßt, blieben in der NS-Zeit verurteilte Homosexuellen auch weiterhin als gewöhnliche Kriminelle in der Nachkriegszeit in Haft.

(Landeshauptarchiv Staatsarchiv Magdeburg, Karteikarten, Rep. C. 144 Gefängnisse Magdeburg, Gommern und Schönebeck B Nr. 276 A-Z. Niedersächsisches Landesarchiv, Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 86 Celle Acc. 142/90 (Karteikarte) Nr. 41/99. Niedersächsisches Landesarchiv, Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 86 Hameln Acc. 143/90 (Karteikarte) Nr. 41/296.)

© Text und Recherche: Rainer Hoffschildt


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Freiburg, allgemein


Täterorte:
Untersuchungshaft in Magdeburg
Landgericht Troppau
Strafgefangenenlager Brual-Rhede
Zuchthaus Celle
Zuchthaus Hameln