19.1.2025: Aufruf zur Einreichung von Beiträgen für die Tagung „Bekämpfung von Homosexualitäten, Schwangerschaftsabbrüchen und weiteren Abweichungen von der völkischen Geschlechterideologie“
Deadline: 30. März 2025, Veranstaltende: Projekt „Der-Liebe-wegen“ und Weissenburg e.V.
Unterstützende Kooperationspartner:innen: Abteilung Chancengleichheit der Stadt Stuttgart, baf e.V. – Bildungszentrum und Archiv zur Frauengeschichte Baden-Württembergs, Gedenkstätte Grafeneck – Dokumentationszentrum, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. und Themengruppe Geschichte des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg.
Gefördert durch: Fachbereich Gedenkstättenarbeit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg; Tagungsort: Erinnerungsort Hotel Silber, Dorotheenstraße 10, Stuttgart; Datum und Uhrzeit: 13. Juli 2025 im Rahmen der CSD-Kulturwoche, 13.30 bis 17.30 Uhr
Um 1900 verbreiten sich auch im Deutschen Reich rassistische und völkische Ideen. Diese wurden oft von akademischen Eliten propagiert und fanden vor allem in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg eine verstärkte gesellschaftliche und politische Akzeptanz. Bestandteil dieser Ideen war die sogenannte „Rassenhygiene“, worunter der dreifache Kampf gegen „Rassenvermischung“, „Bevölkerungsrückgang“ und „Entartung“ verstanden wurde. Dies beinhaltete eine nach rassistischen Kriterien orientierte Geburtenregelung sowie die Bekämpfung von Homosexualitäten und Schwangerschaftsabbrüchen.
In der Zeit der Weimarer Republik, der ersten Demokratie in Deutschland, in den sogenannten „Goldenen Zwanziger“ entwickelten sich in fast allen größeren Städten homosexuelle Treffpunkte und Vereine, allen voran in Berlin – aber auch in Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim oder Heidelberg. Diese in der Weimarer Republik hart erkämpften Freiräume wurden nach der Errichtung der NS-Diktatur im Januar 1933 sehr schnell zerstört.
In Berlin wurde 1936 die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung“ installiert. Sowohl Homosexualitäten als auch Schwangerschaftsabbrüche galten als Angriff auf die „Volksgemeinschaft“ sowie auf das völkische Weltbild und dessen Geschlechterideologie und wurden polizeilich verfolgt. Viele Menschen wurden deswegen inhaftiert und ermordet. Dieses Leid wurde nach 1945 in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland weder offiziell wahrgenommen, noch als NS-Unrecht anerkannt. Im Gegenteil: es gab vielmehr eine Kontinuität von Repressionen und Verfolgung.
Und heute?
„Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Rechten wollen die LGBTQIA*- Community unsichtbar machen – wir kämpfen dafür, dass wir so sichtbar bleiben, wie wir sind!“, so Lars Lindauer vom im November 2024 neu gewählten Vorstand von Stuttgart Pride (siehe https://www.stuttgart-pride.de/). Die in den letzten Jahren erreichten rechtlichen und gesellschaftlichen Fortschritte in der Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt werden von völkischem Denken beeinflusste Strömungen heute wieder in Frage gestellt oder gar als „Regenbogenmist und Genderirrsinn“ verächtlich gemacht, diffamiert und angegriffen.
Bei rechtspopulistischen und neofaschistischen Gruppierungen ist auch heute wieder der Rassismus eng verknüpft mit Abwertungen von Frauen und LSBTIQA+-Personen sowie weiteren Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Es sind die gleichen Kräfte, welche in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Begriff der „Remigration“ die Vertreibung von Millionen Menschen anstreben und welche die Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt als Angriffe auf die Familien und das Wohl von Kindern und Frauen diffamieren.
Vorträge/Referent_innen gesucht
Die Tagung sieht einen Vortragsblock vor mit schwerpunktmäßig historischen Beiträgen und Forschungsergebnissen zu oben genannten Themen. Im Anschluss ist eine Podiumsdiskussion geplant, die explizit die Gegenwarts- und Zukunftsrelevanz thematisiert.
Für den Vortragsblock sind vier 20-minütige Vorträge vorgesehen. Gerne können sich Referent_innen aller akademischen Qualifikationsstufen melden, aber auch Initiativen, Geschichtswerkstätten, Vereine sowie unabhängig Forschende um ihre aktuellen Arbeiten und Projekte zu präsentieren und zu diskutieren.
Wir suchen Beiträge zum zentralen Thema der Tagung: das historische Phänomen der Abwertung und Bekämpfung von Homosexualitäten und Schwangerschaftsabbrüchen sowie von weiteren Abweichungen von der damit verbundenen Geschlechterideologie als Teil des rassistisch-völkischen Denkens. Dieses soll in seiner Entstehungsgeschichte, in seinen unterschiedlichen Varianten und Auswirkungen bis heute sichtbar gemacht werden. Die Beiträge können sich auf die Weimarer Zeit, die NS-Diktatur und auf die frühe Bundesrepublik beziehen und einzelne oder mehrere der oben genannten Aspekte beleuchten. Ausdrücklich sind Beiträge zur Lebenssituation von intergeschlechtlichen und/oder transsexuellen Menschen und zu §218-Repressions- und Verfolgungsgeschichten erwünscht.
Themenvorschläge (maximal 1 Seite DIN A 4; zusätzlich kurze biographische Angaben) können bis zum 30. März 2025 an folgende Mailadresse gerichtet werden: kontakt@der-liebe-wegen.org. Für Vortragende sind Honorarzahlungen möglich. Fahrt- und Unterkunftskosten werden ebenso erstattet.
Kontakt:
Ralf Bogen, Projekt „Der-Liebe-wegen.org“, eMail: kontakt@der-liebe-wegen.org, Website: Der-Liebe-wegen.org, Newsletter: Anmeldung zum Newsletter, Ein Projekt des Weissenburg e.V. | Zentrum LSBTIQA+ Stuttgart, Weißenburgstraße 28 A, 70180 Stuttgart
Thomas Stöckle, Gedenkstätte Grafeneck – Dokumentationszentrum, eMail: thomas.stoeckle@gedenkstaette-grafeneck.de, Website: http://www.gedenkstaette-grafeneck.de/startseite.html, Grafeneck 3, 72532