* 19.10.1883 Stuttgart

† Oktober 1942 Tötungsanstalt Bernburg

Fritz Adolf Oskar Albert Junkermann wurde am 19. Oktober 1883 in Stuttgart als Sohn eines Hofschauspielers geboren und evangelisch getauft. Er wohnte später in Berlin und war von 1906 bis 1940 als Theater- und Filmschauspieler, Artist und Vortragskünstler erfolgreich. Als Künstler reiste er viel im In- und Ausland und wohnte auch kurze Zeit in Hamburg. Seine Ehe wurde wieder geschieden.

1932 verurteilte man ihn nach § 175 StGB zu 280,- RM Strafe. Anfang 1940 denunzierte ihn in Hamburg ein Strichjunge und Dieb, der sich durch die Denunziation seiner Freier ein günstigeres Urteil erhoffte. Nun fahndete man nach Junkermann und nahm den 56-Jährigen am 5. März 1940 in Berlin fest. Er kam in das Gefängnis Plötzensee und Ende des Monats in das Untersuchungsgefängnis in Hamburg. Dort verhörte man ihn mehrfach im April und am 15. Juli 1940 verurteilte ihn das Amtsgericht Hamburg „wegen fortgesetzter widernatürlicher Unzucht“ zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis unter Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Strafhaft.

Zur Strafverbüßung überführte man ihn zunächst in das Gefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel und im März 1941 in das Strafgefängnis Glasmoor. In der Haft beschrieb man ihn wie folgt: 1,73 m groß, schlanke Gestalt, rasiert, braune Augen und meliertes Haar. Zum Strafende am 6. Juni 1941 entließ man ihn dort nicht in die Freiheit, sondern übergab ihn der Polizeibehörde Hamburg, die ihn zur Kriminalpolizei Berlin transportierte. Am 19. Juli 1941 überführte die Polizei ihn in das KZ Sachsenhausen, wo man ihn zur Nummer 38.490 machte und ihn als „Berufsverbrecher“ einstufte. Um dem Grauen im KZ zu entgehen, stellte er noch im Juli 1941 und im Februar 1942 Anträge auf „freiwillige Entmannung“. Die Kastration erfolgte am 9. April 1942 im KZ Sachsenhausen. Für gewöhnlich entließ man Kastrierte nach einiger Zeit aus dem KZ, wenn ein Arzt feststellte, dass der Sexualtrieb abgeklungen sei. Doch Junkermann erkrankte anscheinend. Homosexuelle wurden in der Regel nicht systematisch vergast, aber kranke und nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge und dazu dürfte er gehört haben. Man wählte ihn aus für den Vernichtungstransport „Kräutergarten“, der angeblich nach Dachau abgehen sollte, tatsächlich aber in die Vernichtungsanstalt Bernburg an der Saale ging. Dort vergaste man Fritz Junkermann vermutlich am 5. Oktober 1942 im Alter von 58 Jahren. Die Angaben der Todesursache in seiner Sterbeurkunde sind frei erfunden und dienten der Tarnung dieser Morde.

In Hamburg setzte man zu seinem Andenken einen Stolperstein.

(Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen. Ich danke Fred Brade und Joachim Müller, beide Berlin, für die Informationen. Joachim Müller, Andreas Sternweiler, Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000, S. 288, 297, 299. Vor allem danke ich Dr. Gottfried Lorenz für viele zusätzliche Informationen. Ich danke Ulf Bollmann, Staatsarchiv Hamburg, für zusätzliche Informationen. Bernhard Rosenkranz, Ulf Bollmann, Gottfried Lorenz, Homosexuellenverfolgung in Hamburg 1919-1969, Hamburg 2009, S. 39, 222.)

© Text und Recherche Rainer Hoffschildt


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Stuttgart, allgemein


Täterorte:
Gefängnis Plötzensee
Untersuchungsgefängnis und Amtsgericht Hamburg
Gefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel
Strafgefängnis Glasmoor
Polizeibehörde Hamburg
Kriminalpolizei Berlin
KZ Sachsenhausen
Vernichtungsanstalt Bernburg