* 24.10.1909 Aalen / Itzlingen

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Gallus Stark. geboren am 24. Oktober 1909 in Itzlingen, heute Bopfingen im Ostalbkreis in Baden-Württemberg, war der Jüngste von sechs Geschwistern. Er besuchte die Volksschule in Itzlingen und half den Eltern nach der Schulentlassung in der Landwirtschaft.

Im Alter von 19 Jahren, am 27. Mai 1929, verurteilte ihn das Schöffengericht Ellwangen wegen „eines fortgesetzten Vergehens der widernatürlichen Unzucht i. S. d. § 175 StGB“ zu zehn Tagen Gefängnis. Nach einer Probezeit von drei Jahren wurde ihm die Strafe erlassen.

Vom 22. Mai bis 13. Juli 1940 war er Soldat beim Infanterie Regiment 119.

Wegen „Verführung zur Unzucht und Unzucht zwischen Männern“ stand er am 11. Dezember 1940 erneut vor dem Landgericht Ellwangen. Dieses verurteilte ihn zu einem Jahr und zwei Monaten Gefängnis, auf die drei Monate der Untersuchungshaft angerechnet wurden. Im Urteil wird er als körperlich und geistig gesund beschrieben. Besondere Krankheiten seien in der Familie nicht bekannt.

Nach den ihn betreffenden Personal-Akten des Ulmer Gefängnis am Frauengraben wurde er dort am 21. Dezember 1940 eingeliefert. Seine Haftentlassung war für den 11. November 1941 vermerkt. Doch es sollte anders kommen. Die „Staatliche Kriminalpolizei – Kriminalpolizeistelle Stuttgart“ schrieb am 24. Oktober 1941 an den Vorstand des Strafgefängnisses Ulm: Über Stark beabsichtige ich die pol. Vorbeugungshaft als Triebverbrecher anzuordnen. Zur Durchführung dieser Maßnahme bitte ich, ihn nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe von 1 Jahr, 2 Monaten am 11.11.1941 nicht zu entlassen, sondern ihn in das Gefängnis der Polizeidirektion Ulm zu überstellen. […] Die Kriminalpolizei Ulm wurde von der Überstellung des Stark von hier verständigt.“

Mit Schreiben vom 6. Dezember 1941 erkundigte sich der Schwager Josef S. beim Gefängnis Ulm nach dem Verbleiben von Stark: „Mein Schwager, Gallus Stark, hat seine Strafe im Gefängnis von Ulm / D am 11. November 1941 verbüsst. Am 6. Dezember 1941 erhalte ich aber die Nachricht, dass er nicht entlassen worden ist und sich noch dort befindet. Mit seinem Schreiben teilt er mir ausserdem mit, dass er sich während der Haftzeit ordentlich geführt hätte, weshalb ich erstaunt darüber bin, dass er sich noch dort befindet. Meine Schwägerin und Schwester des Gallus Stark, Frau Otilie E. […], deren Mann beim Einsatz im Osten gefallen ist, ist durch diesen Unglücksfall körperlich derart mitgenommen, dass sie in der Landwirtschaft dringend einer Kraft bedarf. Dort wäre ihm auch Gelegenheit geboten wieder in geordnete Bahn zu kommen. Da ich ein grosses Interesse daran habe, dass meine Schwägerin so rasch wie möglich wieder eine Hilfe bekommt, bitte ich dringend um Mitteilung, wann mit der Entlassung meines Schwagers gerechnet werden kann. Heil Hitler, Josef S.“

Von der Gefängnisleitung erhielt er die Antwort, dass Stark nach Verbüssung seiner Strafe von der Staatlichen Kriminalpolizeileitstelle in Stuttgart zurückgehalten worden“ sei und zwar „zwecks Verfügung polizeilicher Vorbeugungshaft.“ (Staatsarchiv Ludwigsburg, E 356 g_Bü 3424)

Die „Kripo Ulm“ hatte ihn am 29. Dezember 1941 in das KZ Flossenbürg eingewiesen, wo er als § 175-Vorbeugungshäftling mit der Häftlingsnummer 1840 registriert wurde. Aus der Einlieferungskartei des Konzentrationslagers geht hervor, dass er bereits ca. ein halbes Jahr später, am 18. Juli 1942, in das KZ Ravensbrück überstellt wurde. Als Anschrift ist hier die Adresse seines Schwagers in Stuttgart, Silberburgstraße 133, angegeben. Stark hat die NS-Diktatur überlebt.

(Wir danken Rainer Hoffschildt für Informationen aus seinem Projekt „Namen und Gesichter“, dem ITS Bad Arolsen und dem Staatsarchiv Ludwigsburg)

© Text und Recherche bzw. Anmerkungen zu überlieferten Dokumenten: Werner Biggel / Ralf Bogen


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Personal-Akten der Gefängnisse Ulm (hier sind die oben dargestellten Lichtbilder überliefert) sowie Briefwechsel der „Staatliche Kriminalpolizei – Kriminalpolizeistelle Stuttgart“ mit der Gefängnisverwaltung zur polizeilichen Vorbeugungshaft (Staatsarchiv Ludwigsburg, E 356 g_Bü 3424) und Effektenkartei des KZ Flossenbürg (1.1.8.3, Doc-ID 11012022, ITS Digital Archive / Bad Arolsen).


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Stuttgart, Silberburgstraße 133


Täterorte in Baden-Württemberg:
Gefängnis Ulm
KZ einweisende Dienststelle: Kripo Ulm

Weitere Täterorte:
Polizeigefängnis Nürnberg
KZ Flossenbürg
KZ Ravensbrück