* 1916 Freiburg

Günther St. wurde 1916 in Freiburg geboren. Die Familie lebte in einem Ort am Rhein, wo Günther seine Kindheit und Jugend verbrachte. Seine Mutter starb 9 Tage nach seiner Geburt. Er wurde von seiner Stiefmutter erzogen und ging im Ort zur Schule. Während der Schulzeit machte er gleichgeschlechtliche Erfahrungen mit anderen Jugendlichen aus dem Ort. In der Schule hatte er große Probleme, genoss aber den Unterricht in Literatur und Kunst. Er schloss die Schule 1935 mit der Reifeprüfung ab. Danach ging er zum Militär, wurde aber am 31. August 1936 aus der Armee entfernt. Er war katholisch, ledig und als Beruf wurden unter anderem Reiseführer und Journalist angegeben. Am 13. April 1938 wurde er vom Landgericht Freiburg wegen homosexueller Handlungen zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Etwa sechs Wochen später erhielt er bedingte Strafaussetzung und wurde entlassen. Die Strafaussetzung wurde 1940 widerrufen, weil er erneut straffällig geworden war. Er kam ins Strafgefängnis in Lindau. Am 20. Februar 1941 wurde er vom Landgericht Kempten im Allgäu wegen verschiedener Delikten, unter anderem homosexuellen Handlungen, zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Nachdem er diese Strafe am 21. Februar 1944 verbüßt hatte, kam er nicht frei, sondern wurde drei Tage später in das Konzentrationslager Natzweiler verbracht. Dort wurde er unter der Nummer 9186 und der Bezeichnung „Homo“ geführt. Im Mai 1945 wurde er auf dem Marsch nach Dachau befreit.

1947 leitete er ein Wiederaufnahmeverfahren gegen die Strafe von 1938 ein mit der Begründung, politische Gegner seines Vaters hätten das Verfahren beeinflusst. Er behauptete auch, seine Verbringung ins KZ wäre politisch motiviert gewesen und er hätte im KZ den roten politischen Winkel getragen. Der Antrag wurde von der badischen Staatsanwaltschaft Freiburg abgelehnt. Nach dem Krieg wurde Günther St. mehrmals verurteilt, allerdings nicht wegen § 175.

Aus dem KZ Natzweiler existiert eine Personenbeschreibung:

Größe 171 cm, Einlieferungsgewicht 57 kg, Nichtraucher, mäßiger Trinker, er hatte verschiedene Krankheiten, Sehen und Hören gut, Gebiss gut (ohne Gold), Allgemeinzustand gut.

(StAF Bestand A 40/1, Pkt. 731, Nr. 440, Prozessakte; Internationaler Suchdienst, Bad Arolsen.)

© Text und Recherche: William Schaefer


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Freiburg, allgemein


Täterorte in Baden-Württemberg:
Landgericht Freiburg

Weitere Täterorte:
Strafgefängnis Lindau
Landgericht Kempten
KZ Natzweiler