* 8.10.1909 Mauchen / Müllheim

† 2.1.1945 im KZ Dachau

Julius Maier wurde am 8. Oktober 1909 in einem Mauchen, einem kleinen Dorf bei Müllheim, geboren. Sein Vater hatte eine kleine Landwirtschaft. Julius litt an hochgradigem, angeborenem Schwachsinn. In seiner Intelligenz stand er auf der Stufe eines vielleicht siebenjährigen Kindes. Er besuchte die Volksschule, die er aber verließ, weil er dem Unterricht nicht folgen konnte. Er konnte weder einem Gespräch folgen noch mit den Zahlen 1 bis 10 etwas anfangen. Das staatliche Gesundheitsamt Lörrach beantragte beim Erbgesundheitsgericht Freiburg seine Unfruchtbarmachung wegen angeborenen Schwachsinns. Die Anordnung wurde 1935 durchgeführt. Nach der Sterilisierung musste er eine Samenprobe abgeben, um sicher zu gehen, dass er unfruchtbar war. Dabei lernte er die Onanie kennen, die er dann mit anderen jungen Menschen im Ort ausübte. Am 15. Dezember 1938 wurde er vom Landgericht Freiburg wegen Verstoßes gegen § 175 zur Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt verurteilt. Er kam zuerst am 4. Januar 1939 in die Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen. Sein Vater versuchte, seine Entlassung zu erwirken, da er den Sohn in der Landwirtschaft brauchte. Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, Julius stelle „eine große Gefahr für die Jugend“ dar. Julius wurde am 23. Oktober 1942 in die Heil- und Pflegeanstalt Hoerdt im Elsaß überführt. Sein Vater bemühte sich auch dort um seine Entlassung, die ebenso abgelehnt wurde. Sowohl der Vater als auch die Leiter beider Anstalten bescheinigten Julius, unter Anleitung ein fleißiger Arbeiter zu sein. Auf Anordnung des Generalstaatsanwalts in Karlsruhe wurde Julius am 21. März 1944 vom Sicherheitsdienst abgeholt und zur Arbeitsleistung in das Konzentrationslager Natzweiler, Kreis Molsheim, verlegt. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 8070. Keine sechs Monate später, am 6. November 1944, wurde er in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 103 613 und wurde unter „Polizeiliche Sicherungsverwahrung“ (=Berufsverbrecher) geführt. Laut Eintrag in dem vom Revierschreiber geführten Totenbuch starb Julius bereits an Silvester 1944 im Stammlager Dachau auf Block 15, Stube 3. Die Todesmeldung gibt weder Uhrzeit noch Todesursache an. Die Sterbeurkunde gibt jedoch den 2. Januar 1945, 6.25 Uhr, und als Todesursache Enterocolitis an. Die Sterbeurkunde für Julius Maier ist ein typisches Beispiel für die Verlogenheit der Todesurkunden aus den Konzentrationslagern.

Eine Personenbeschreibung aus dem KZ Natzweiler existiert noch: Größe 1,62 m, Einlieferungsgewicht 52 kg, Nichtraucher, mäßiger Trinker, sterilisiert, Sehen und Hören gut, Gebiss oben und unten Prothese, ohne Gold. Sein Allgemeinzustand bei der Einlieferung gut.

(StAF Bestand A 40/1, Nr. 448, Prozessakte; Archiv der Gedenkstätte Dachau; Internationaler Suchdienst, Bad Arolsen.)

© Text und Recherche: William Schaefer


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Häftlingskartei aus dem KZ Natzweiler (siehe 1.1.29.2, Doc-ID 3200377, ITS Digital Archive / Bad Arolsen – Anm. Biggel / Bogen).


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Mauchen, Bezirk Müllheim, allgemein


Täterorte in Baden-Württemberg:
Gesundheitsamt Lörrach
Landgericht Freiburg
Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen
Generalstaatsanwalt Karlsruhe

Weitere Täterorte:
Heil- und Pflegeanstalt Hoerdt (Elsass)
KZ Natzweiler
KZ Dachau