Oskar Ragg
* 2.4.1908 Schwenningen
† 18.5.1943 KZ Stutthof
Der am 2. April 1908 in Schwenningen geborene Oskar Ragg stand bereits am 19. März 1924 im Alter von 16 Jahren, damals noch als Friseurlehring, vor dem Schöffengericht Ellwangen. Er hatte Kontakt zu Leonhard Junginger, einem Kaufmann in Heidenheim, der Bezieher verschiedener beschlagnahmter homosexueller Publikationen war. In den Gerichtsunterlagen befand sich z. B. „Tätigkeit und Zweck des Wissenschaftlich-humanitären Komitees – 1924 – Berlin“. Desweiteren ein Schreiben von Adolf Brand aus Berlin vom 12. September 1924 an Junginger, in dem dieser mitteilt: „Ich freue mich sehr, dass Sie sich entschieden haben, als Mitglied der G.D.E. beizutreten“ (G.D.E. steht für den homosexuellen Verein Gesellschaft der Eigenen, Anm. der Autoren). Ragg und auch Junginger wurden im Urteil mit der Begründung freigesprochen: „Unter widernatürlicher Unzucht zwischen Männern versteht die Rechtsprechung eine beischlafähnliche Handlung. […] Gegenseitige Onanie fällt nach dieser Begriffsbestimmung nicht unter den § 175 StGB“ (Staatsarchiv Ludwigsburg, F 263 I Bü 50).
Siebzehn Jahre später, am 10. Januar 1941, wurde Ragg von der Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart in das KZ Dachau eingeliefert, wo er die Häftlingsnummer 23061 erhielt. Am 23. Januar 1941 wurde er in das KZ Neuengamme und am 27. Juni 1942 in das KZ Stutthof überführt. Laut überlieferter Karteikarte des KZ Stutthof hatte er 14 Vorstrafen und war er bereits 1 ½ Jahre vor KZ-Einlieferung im Gefängnis. Ebenso ist auf der Karte vermerkt, dass er am 18. Mai 1943 im KZ gestorben ist. Zu diesem Zeitpunkt war er gerade erst 35 Jahre alt (siehe 1.1.41.2, Doc-ID 4607546, ITS Digital Archive / Bad Arolsen).
(Wir danken Rainer Hoffschildt für Informationen aus seinem Projekt „Namen und Gesichter“, Albert Knoll von der KZ Gedenkstätte Dachau, dem ITS Bad Arolsen und dem Staatsarchiv Ludwigsburg)
© Text und Recherche bzw. Anmerkungen zu überlieferten Dokumenten: Werner Biggel / Ralf Bogen
Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Schwenningen, allgemein
Täterorte in Baden-Württemberg:
Schöffengericht Ellwangen
KZ einweisende Dienststelle: Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart
Weitere Täterorte:
KZ Dachau
KZ Neuengamme
KZ Stutthof