* 7.2.1915 Bachern bei Köln

Reiner Felten wurde am 7. Februar 1915 in Bachem, heute Frechen bei Köln, geboren und katholisch getauft. Der Ledige lebte auch später in Frechen und war als Buchhalter tätig. Im Weltkrieg zog man ihn zum Heer ein, zuletzt war er bei der der 338. Infanterie-Division im Rhonedelta in Arles in der 1. Nachrichten-Abteilung.

1936 verurteilte man ihn in Köln wegen „Sittenübertretung“ zu zwei Wochen Haft und 1941 das Kriegsgericht der 1. Division wegen „Unzucht mit Männern“ in fünf Fällen zu sechs Monaten Gefängnis und Rangverlust. Von der Strafe verbüßte er aber nur 24 Tage in Form des geschärften Arrests. Die Reststrafe setzte man bis zur Beendigung des Krieges aus. Dasselbe Gericht verurteilte ihn 1942 nochmals aus gleichem Grund zu einem Jahr Gefängnis. Von dieser Strafe hatte er 1943 noch nichts verbüßt. Am 31. August 1943 stand der 28-Jährige zusammen mit zwei Kameraden erneut vor Gericht, diesmal vor dem Feldgericht der 338. Infanterie-Division wegen „Unzucht mit Männern“ in sechs Fällen und wegen Kameradendiebstahls. Nun verurteilte man ihn zu drastischen fünf Jahren Zuchthaus. Außerdem stufte ihn das Gericht als „wehrunwürdigen Kriegstäter“ ein. Diese Täter verwahrte man zwar weiterhin in Haft, ihre eigentliche Strafe sollten sie aber erst nach Kriegsende verbüßen. Die Haft sollte unter erschwerten Bedingungen erfolgen, z.B. in den Emslandlagern. Dies sollte Straftäter davor abschrecken, sich durch eine Straftat dem gefährlichen Dienst an der Front zu entziehen. Für die Straftäter wurde die Haft dadurch unabsehbar lang. Das Gericht fand auch politische Gründe für seine Verurteilung: „Bedeutet schon an sich eine gleichgeschlechtliche Betätigung von Soldaten einen erheblichen Gefahrenherd für die Mannszucht im Heer, so ergibt sich im vorliegen Falle angesichts der Mehrzahl der Fälle, sowie im Hinblick auf das hemmungslose Treiben des Angeklagten Felten eine besonders starke Gefährdung der Mannszucht innerhalb der Einheit des Angeklagten.“

Mit diesem Urteil war er nun aus der Wehrmacht ausgestoßen und die zivile Staatsanwaltschaft Freiburg i. B. wurde für seine Strafvollstreckung zuständig, wo er im September 1943 eintraf. Aus dem Gerichtsgefängnis Freiburg transportierte man ihn zur Schwerstarbeit im Moor über die Haftanstalten Saarbrücken und Lingen am 21. Dezember 1943 in das Strafgefangenenlager Neusustrum im Emsland. Dort konnte er am 14. Dezember 1944 flüchten, wahrscheinlich in Richtung Holland. Tatsächlich kam er in das besetzte Holland.

Doch die 1935 zum Totalverbot verschärften NS-Fassungen der §§ 175 galten ungebrochen in der Bundesrepublik bis 1969 fort. Er kam dann in der Nachkriegszeit wieder in Haft; die Staatsanwaltschaft Freiburg widerrief seine Strafzeit 1946, kürzte sie vermutlich und im August 1947 setzte sie die Reststrafe auf dem Gnadenweg zur Bewährung aus. 1950 erließ man ihm die Reststrafe. In seiner Gnadenakte hieß es zu seiner Haft in Neusustrum, er habe sich dort ein rheumatisches Leiden zugezogen und bei seiner Flucht nur noch 49 kg gewogen.

1948 verurteilte ein Gericht in Köln den 33-Jährigen wegen „fortgesetzter Unzucht mit Männern“ nach dem NS-Paragraphen 175 StGB zu sechs Monaten und zwei Wochen Gefängnis.

(Karteikarte: Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Osnabrück Rep. 947 Lin I, Lager Neusustrum. Ich danke William Schäfer, Denzlingen, der mir die Informationen zukommen ließ: Staatsarchiv Freiburg i. B., Aktenzeichen F 176/3 Nr. 113 2AR 111/43.)

© Text und Recherche Rainer Hoffschildt


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt die Kaiser-Joseph-Straße 259 in Freiburg


Täterort in Baden-Württemberg:
Staatsanwaltschaft und Gerichtsgefängnis Freiburg

Weitere Täterorte:
Gericht Köln
Feldgericht der 338. Infanterie-Division
Haftanstalten Saarbrücken und Lingen
Strafgefangenenlager Neusustrum im Emsland