* 29.9.1903 Mannheim

Walter Baumgart wurde am 29. September 1903 in Mannheim geboren und evangelisch getauft. 1923 bestand er seine Hochschulreife und 1939 galt der 35-jährige Ledige immer noch als Student der Medizin. Anscheinend wohnte er noch in Mannheim bei seiner Mutter, denn er gab später dieselbe Anschrift wie sie an.

Er hatte bereits eine Vorstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis aus dem Jahr 1934. Am 15. Juni 1939 verurteilte ihn die Jugendschutzkammer eines Gerichts in Mannheim wegen eines versuchten und eines vollendeten Sittlichkeitsverbrechens der „widernatürlichen Unzucht“ nach § 175a, Ziffer 3, zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis. Außerdem verurteilte ihn das Gericht zur Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt nach verbüßter Strafe. Zuvor hatte ihn ein Gutachter untersucht, ihn als Psychopathen bezeichnet, eine verminderte Zurechnungsfähigkeit zugebilligt und seine Unterbringung empfohlen. Offenbar war er nicht geständig gewesen, denn eine Untersuchungshaft rechnete man nicht auf seine Strafhaft an.

Am Tag darauf lästerte man in der „Neuen Mannheimer Zeitung“ und im „Hakenkreuzbanner“ über ihn und stellte ihn dadurch an den Pranger: „Ein gefährlicher Jugendfreund!“ Er sei ein „verbummelter Student“, der „nun aber ins Gefängnis und dann in die Heil- und Pflegeanstalt“ käme. Er habe „Zusammenkünfte mit 18 Jahre jüngeren Menschen“ gehabt. Was seine Mutter wohl gefühlt haben mag, als sie das las.

Zur Strafverbüßung transportierte man ihn aus dem Gefängnis Mannheim am 2. Oktober 1939 zur Schwerstarbeit in das Strafgefangenenlager Rodgau, Lager I, in Dieburg in Hessen. Dort beschrieb man ihn wie folgt: 1,76 m groß, kräftige Gestalt, rasiert, graublaue Augen, Brillenträger und dunkles Haar. Vorübergehend überführte man ihn noch in das Strafgefangenenlager Schlitz in Hessen. Nach voll verbüßter Strafe entließ man ihn nicht in die Freiheit, sondern überstellte den 37-Jährigen am 28. Februar 1941 in die Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

(Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand G 30 Rodgau, Rodgau-Karteikarten. Ich danke dem Stadtarchiv Mannheim für die Informationen aus den genannten Zeitschriften.)

© Text und Recherche: Rainer Hoffschildt


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Mannheim, allgemein


Täterorte in Baden-Württemberg:
Gericht und Haftanstalt in Mannheim
Wiesloch Heil- und Pflegeanstalt

Weitere Täterorte:
Strafgefangenenlager Rodgau
Strafgefangenenlager Schlitz