2023-2024: Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer – Antifaschist, streitbarer Demokrat und auch ein mutiger Vorkämpfer gegen das §175-Unrecht

(aktualisiert am 05.01.2024) Mit Fritz Bauers Namen und Wirken als Generalstaatsanwalt in Hessen von 1956 bis 1968 verbindet sich sein unermüdlicher Kampf um die juristische Ahndung des nationalsozialistischen Unrechts. Auf seinen Beitrag hin ist die Ergreifung des untergetauchten NS-Verbrechers Adolf Eichmann zurückzuführen, einer der Hauptorganisatoren des Holocausts. Bauer gilt als Initiator der sogenannten Frankfurter Auschwitzprozesse und trug maßgeblich zur positiven Neubewertung der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 bei. Vom Projekt „Der-Liebe-wegen“ wollen wir darüber hinaus auf unserer Webseite bekanntmachen, dass Fritz Bauer auch ein mutiger Vorkämpfer gegen das §175-Unrecht und selbst wegen seiner Homosexualität als Flüchtling in Dänemark seit März 1936 von Abschiebung an Nazideutschland bedroht war.

„Der Staat hat […] keinen Anspruch auf eine Regelung der Intimsphäre; es ist nicht seine Sache, den Inhalt von Eros und Sexus der einzelnen zu bestimmen.“ Fritz Bauer, 1967 Foto: Fritz Bauer Büste in Malmö, Sven Rosborn – Own work, CC BY-SA 3.0Link – siehe auch den Beitrag: Fritz Bauer – Pionier der Bewegung Artikel 3? von Christian Knuth

Mit dem Schandparagraphen 175 wurden Tausende von homo- und bisexuell begehrende Männer staatlicherseits auch nach 1945 ihrer Würde und ihrer Freiheit beraubt. Hunderte von KZ-Überlebende §175-Opfer haben nach 1945 keinerlei Rehabilitierung erlebt und keinerlei Entschädigung erhalten. Im Gegenteil: ihre Verfolgung während der Nazidiktatur wurden bei §175-Vergehen gerade auch in Baden-Württemberg und gerade auch am Stuttgarter Landgericht als strafverschärfend gewertet (siehe https://der-liebe-wegen.org/nachkriegszeit_baden-wuerttemberg_spitzenreiter_der_verfolgung/).
Bauer lehnte das geltende Sexualstrafrecht als lebensfeindlich ab und wandte sich gegen staatliche Eingriffe in die Intimsphäre. „Eros und Sexus“ hätten frei zu sein und dürften keiner staatlichen Zweckbestimmung unterliegen. Das Sexualstrafrecht habe sich Bauer zufolge auf Handlungen zu berschränken, die Kinder und Jugendliche schädigten und gewalttätig waren. Ein wichtiger Beitrag Bauers und seiner Mitstreitenden war der Sammelband „Sexualität und Verbrechen“, der als Taschenbuch 1963 große Resonanz fand. Fortwährend argumentierte er gegen die Bestrafung des homosexuellen Verkehrs einverständlich handelnder erwachsener Männer. 1952 machte er in seiner Eigenschaft als Generalstaatsanwalt den mutigen Versuch, durch das Bundesverfassungs die Verfassungsmäßigkeit des §175 StGB prüfen zu lassen. Im Beitrag von Werner Renz „Wider die Kriminaliserung von Sexualität“ (veröffentlicht in dem 2023 herausgegeben Band „Verfolgung – Diskriminierung – Emanzipation“ von Michael Mayer und Michael Schwartz) heißt es unter der Zwischenüberschrift „Wider den Schwulenparagrafen“:

„Vor dem Landgericht Braunschweig hatten sich ein ’50jähriger Vertreter und ein vielfach vorbestrafter 22jähriger Arbeiter‘ zu verantworten. Bauer vertrat laut Presseberichten die Anklage in der Absicht, keinen Strafantrag zu stellen. In einer Meldung der Deutschen Presseagentur heißt es: ‚Das Schöffengericht Braunschweig lehnte einen Antrag des Generalstaatsanwaltes Bauer ab, nach dem das Verfahren ausgesetzt […] und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtsgültigkeit‘ des §175 ‚herbeigeführt werden sollte‘. Und weiter: ‚Der Generalstaatsanwalt begründete seinen Antrag damit, daß der Paragraph 175 in der Fassung vom 28. Juli [sic!] 1935 nicht mit der Bundesverfassung zu vereinbaren sei, die gleiches Recht für Männer und Frauen vor dem Gesetz fordere.‘ Das Schöffengericht Braunschweig lehnte Bauers Antrag mit dem Argument ab, ’sämtliche Oberlandesgerichte hätten‘ den §175 StGB ‚in letzter Zeit als geltendes Recht anerkannt.‘
Aus London schrieb Kurt Hiller (1885-1972), schon seit der Weimarer Republik ein streitbarer Kämpfer für die Straflosigkeit von Homosexualität, einen enthusiastischen Brief an Bauer. Er hatte im Berliner ‚Tagesspiegel‘ die dpa-Meldung gelesen. Hiller rief Bauer sein ‚leidenschaftliches Bravo‘ zu und schloss mit den Worten: ‚Das Unrecht (…) überrascht mitnichten; überraschend vielmehr ist die Tatsache, dass es heute Generalstaatsanwälte I h r e r Haltung gibt. Dazu beglückwünschte ich Sie, ehrlich verehrter Mann, und dazu beglückwünsche ich unser Deutschland.‘ Hillers Brief hebt die Wichtigkeit hervor, die Bauers Antrag Anfang der 1950er Jahre beizumessen ist.“

In einer Zeit, wo die Bundesregierung eine neuerliche Asylverschärfung durch Einstufung als sichere Herkunftsstaaten von Ländern mit massiver LSBTIQ*-Verfolgung plant, wird bis heute teilweise immer noch tabuisiert, dass Fritz Bauer selbst als Flüchtling in Dänemark ab März 1936 von einer Auslieferung an Nazideutschland wegen seiner eigenen homosexuellen Kontakte bedroht war. Im bereits 2017 erschienenen Beitrag von Werner Renz „Wider die Sittenwächter: Fritz Bauers Kritik am überkommenen Sexualstrafrecht der 1950er und 1960er Jahre“ wird die gefährliche Situation vieler homosexueller Geflüchteter aus Nazideutschland am Beispiel von Fritz Bauers Leben deutlich:

„Verfolgung wegen Homosexualität hat Bauer am eigenen Leib erfahren. Kaum war er im März 1936 legal nach Dänemark gereist und im Glauben, frei von Nachstellungen und Gestapowillkür zu sein, wurde der politische Flüchtling von der Kopenhagener Polizei vorgeladen und verhört. (…) Der bis dato »ungekannte Ausländer«, wie es im Polizeibericht heißt, hatte in polizeibekannten Lokalen verkehrt und in seiner Wohnung sexuellen Umgang mit einem Mann gehabt. Bauer bestritt im Verhör die polizeilich notierten Beobachtungen nicht und gab auch an, wohl wissend, dass bezahlter Sex unter erwachsenen Männern auch in Dänemark strafbar war, seinem Sexualpartner für seine Dienste Geld gegeben zu haben. (…) Wie entwürdigend die Lage gleichwohl für ihn gewesen ist, zeigt die Tatsache, dass das sozialdemokratische Komitee, das politische Flüchtlinge wie Bauer unterstützte, von der Polizei informiert wurde. Gegenüber seinen offenbar beschränkten dänischen Genossen sah sich Bauer veranlasst (…) zu betonen, er werde sich fortan an die Gesetze des Landes halten. Bauers dänische Polizeiakte weist insgesamt 31 Einträge auf. Immer wieder wurde der Emigrant befragt, ob er weiterhin homosexuelle Kontakte pflege. Der zweifelsfrei gefährdete Bauer, dem eine Abschiebung nach Deutschland drohte, stellte seine Kontakte mutmaßlich ein. In den Jahren 1938 bis 1940 wiederholt von der Polizei auf den Sachverhalt angesprochen, beteuerte er seine Abstinenz.

Der Autor des Beitrags, Werner Renz, war seit der Gründung des Fritz Bauer Instituts im Jahr 1995 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts und Leiter des Archivs und der Bibliothek. Die Initiative Queer Nations hat anlässlich des 50. Todestags von Fritz Bauer Werner Renz Beitrag „Wider die Sittenwächter: Fritz Bauers Kritik am überkommenen Sexualstrafrecht der 1950er und 1960er Jahre“ als kostenlosen Download im Internet veröffentlicht (siehe hierzu auch das Jahrbuch Sexualitäten 2017). Der Beitrag ist eine würdevolle Aufarbeitung dieser oftmals totgeschwiegenen Seite des Nazi-Jägers Fritz Bauer und sehr lesenswert: HIER PDF DOWNLOADEN.

Im Beitrag „Fritz Bauer – Jurist, Jude, Remigrant und Generalstaatsanwalt“ von Karl-Heinz Steinle und Barbara Kettnaker im 2021 veröffentlichten Ausstellungskatalog „Queer durch Tübingen: Geschichten vom Leben, Lieben und Kämpfen“ heißt es:

„1936 folgte Fritz Bauer seiner Schwester Margot und ihrem Mann ins Exil nach Dänemark. Dort ging er im Juni 1943 mit der Kindergärtnerin und Genossin Anna Maria Petersen (1903-2002) eine Schutzheirat ein. Ob er dies tat, weil er in Gefahr stand, als Ausländer ausgewiesen zu werden, oder ob er damit den Verdacht der dänischen Fremdenpolizei, er pflege Umgang mit männlichen Prostituierten aus dem Weg räumen wollte, ist nicht bekannt. (…) Auch seine Homosexualität lebte Fritz Bauer nicht offen aus. (…) Bauers Zurückgezogenheit hatte sicherlich auch taktische Gründe. So vermied er nicht nur den Vorwurf, nur aus eigener Betroffenheit zu handeln, er schützte sich auch vor Erpressungen. Denn während Bauers gesamter Zeit als Landesgerichtsdirektor und Generalstaatsanwalt waren alle homosexuellen Handlungen noch unter Strafe gestellt.“

Unser Projekt „Der-Liebe-wegen“ (www.der-liebe-wegen.org) unterstützt die Unterschriftenliste „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer“ an die Stadt Stuttgart (1) und begrüßt es, dass die Stadt Stuttgart die Aufstellung einer Stele zu Ehren Fritz Bauers plant. „Nach gegenwärtiger Lage der Dinge gehe ich davon aus, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres eine Informationstele zu Fritz Bauer feierlich werden enthüllen können“ so wird Kulturbürgermeister Fabian Mayer im Beitrag „Fritz Bauers schwere Stuttgarter Jahre“ in der Stuttgarter Zeitung vom 8.11.2023 zitiert (siehe https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.letzter-wohnort-in-stuttgart-fritz-bauers-schwerste-stuttgart-jahre.8bcc4b93-1f62-4b39-8d7d-8f72e171c56b.html – leider kostenpflichtig). Vom Projekt „Der-Liebe-wegen“ werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Stadt Stuttgart auch seine Rolle als Vorkämpfer gegen den §175 angemessen würdigt.

Ralf Bogen

(1) Unterschriftenliste „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer!“

2) Veranstaltung „120 Jahre Fritz Bauer – Antifaschist und streitbarer Demokrat aus Stuttgart“
Unser Projekt „Der-Liebe-wegen“ möchte auf die Veranstaltung „120 Jahre Fritz Bauer – Antifaschist und streitbarer Demokrat aus Stuttgart“ mit Vortrag von Dr. Katharina Rauschenberger (Fritz Bauer Institut, Frankfurt/Main) am 18. November 2023 um 18 Uhr im Forum 3 Theater, Gymnasiumstraße 21 in Stuttgart aufmerksam machen (siehe detaillierte Informationen hierzu auf dieser Webseite weiter unten sowie auch die Webseite der DGB-Region Stuttgart).

2023: Queer in Schwäbisch Gmünd: das Projekt „Einhorn sucht Regenbogen“

Seit Juli 2022 gibt es in Schwäbisch Gmünd die von den Kooperationspartnern Gmünder VHS, Stadtarchiv, Museum im Prediger und der Stabsstelle Chancengleichheit der Stadt Schwäbisch Gmünd ins Leben gerufene und von Arnd Kolb geleitete queere Geschichtswerkstatt „Einhorn sucht Regenbogen“. Auf ihrer Webseite schreiben sie zu ihrem Projekt:

„Queer – ein kurzes Wort und doch so viel mehr: Es geht um Vielfalt, sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität. Es geht aber auch um Achtung und Würde und am Ende vor allem um eins: Liebe. Mit einem offenen Blick auf die Diversität in unserer Stadt möchte das Projekt »Einhorn sucht Regenbogen« lokalen Entwicklungen nachspüren, verborgene Traditionen entdecken und das queere Leben in Gmünd in Geschichte und Gegenwart noch sichtbarer machen. (…) Dafür wurden Gespräche geführt und nach Unterlagen und Objekten gesucht und auch gefunden. Was dabei herauskam, ist spannend und aufschlussreich: Was war der Kreis der Freunde? Welches Schicksal hatte Irene S.? Wie lebt es sich mit nicht-binärer Geschlechtsidentität in Gmünd? Warum ist das Einhorn für manche mehr als ein Wappentier? Weshalb musste der »Parteigenosse« Ernst Haug ins Zuchthaus? Was ist eine Klappe? War der Stadtgarten eine Cruising Area? Und welche Rolle nahm der Bahnhof ein?

An diesen Fragestellungen wird die Vielfalt queerer Gmünder und ihre(r) Geschichte(n) deutlich, die derzeit auf der Webseite mit dreizehn Orten in Schwäbisch Gmünd verbunden sind. Zu Ernst Haug, auf den wir in unserer digitalen Gedenkkarte eingehen, hat uns Dr. Niklas Konzen vom Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Folgendes geschrieben:

„Die Artikel auf der-liebe-wegen.org waren für uns ein sehr wertvoller Ansatzpunkt und Anstoß für weitere Recherchen zu Gmünder Biographien, insbesondere im von Ihnen bearbeiteten Fall Ernst Haug, zu dem wir eine Fülle weiterer Dokumente erschließen und einen Kontakt zu seiner Tochter herstellen konnten, die uns bereitwillig als Zeitzeugin Auskunft gegeben hat. (…) Die Informationen auf der-liebe-wegen.org waren für uns sehr hilfreich und wir werden in Zukunft sicherlich auch weiteren Fällen mit Lokalbezug nachgehen.“

Wir veröffentlichen an dieser Stelle den Beitrag „Von der Wehrmacht ins Emsland-KZ: Wie §175 einen schwulen Gmünder aus der Konformität ins Elend riss“ von Dr. Niklas Konzen sowie das Video zum Gmünder Projekt „Rainbow Refugees“, für das Joschi Moser und die Rainbow Refugees beim Projekt Vielfalt 2023 ausgezeichnet wurden.

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Joschi Moser und die Rainbow Refugees wurden beim Projekt Vielfalt 2023 ausgezeichnet.

Wir empfehlen insbesondere auch die Beiträge „Auf dem falschen Klo“ von Sera Panos zum Leben nichtbinärer Gmünder, Ich bin nicht anders – ich bin ich. Trans in Schwäbisch Gmünd“ sowie den traurigen Artikel „Vor Eilzug geworfen“ – Das Schicksal der Irene S.“. In der Einleitung zu diesem berührenden Beitrag heißt es:

„Kann man in Deutschland offen queer leben? Man kann! Allerdings ist die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Es gibt in der Gesellschaft nach wie vor Ausgrenzung, Diskriminierungen, Hass und Gewalt. Was macht das mit den Betroffenen? Die Folgen sind dramatisch. LSBTTIQ* Menschen haben eine dreimal höhere Wahrscheinlichkeit, an Depressionen zu erkranken. Und laut internationalen Studien sind die Suizidraten bei queeren Jugendlichen signifikant höher (…). Die Statistiken sprechen eine eindeutige Sprache. Sie haben jedoch keine Aussagekraft über das Vergangene. Über die unzähligen Schicksale, wie das von Irene S.“

Als Teilnehmende der Geschichtswerkstatt werden auf der Webseite genannt (Stand: 21. Oktober 2023): Arnd Kolb, Projektleitung, Jenny Adami, Brigitte Häussermann, Sarah Heller, Jana Königsmann, Joschi Moser und Peter Palm.

Ralf Bogen, 22. Oktober 2023

2023-2027: Stigmatisiert, kriminalisiert, verfolgt: Zum Stand der Entschädigung der Opfer des Paragrafen 175 StGB in Baden-Württemberg – ACHTUNG: Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs ist um fünf Jahre bis zum 21. Juli 2027 verlängert worden

Die Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG) wurde vom 21. Juli 2022 um fünf Jahre bis zum 21. Juli 2027 verlängert.

Einvernehmliche homosexuelle Handlungen waren in der Zeit von 1945 bis 1994 in unterschiedlicher Weise nach den §§ 175, 175a StGB bzw. nach § 151 StGB-DDR unter Strafe gestellt. Dieses Verbot war aus heutiger Sicht in besonderem Maße menschenrechtswidrig.

Anträge auf Entschädigungen können auch jene Betroffene stellen, die strafrechtlich verfolgt wurden, ohne dass es zu einer Verurteilung kam, oder die im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Verboten unter außergewöhnlichen negativen Beeinträchtigungen – beispielsweise beruflichen oder gesundheitlichen Nachteilen – zu leiden hatten.

Betroffene können sich postalisch, telefonisch oder per E-Mail an das BfJ wenden, um eine Entschädigung zu beantragen: Bundesamt für Justiz, Referat III 6, 53094 Bonn, Telefon: 0228 99 410-40
Folgender Link auf die Homepage des Bundesamts für Justiz informiert betroffene Frauen und Männer über die Entschädigungsmöglichkeiten.

Schätzungen zufolge ergingen zwischen 1945 und 1994 bundesweit etwa 69.000 Urteile nach den genannten Verbotsvorschriften. Bis Mitte Juli 2022 beantragten 335 Personen eine Entschädigung beim BfJ nach dem StrRehaHomG oder der Richtlinie, von denen 259 tatsächlich entschädigt werden konnten. Insgesamt wurden bislang 885.500 Euro ausgezahlt. Zum Stand der Entschädigung der Opfer des Paragrafen 175 StGB informiert die Stellungnahme des Ministeriums der Justiz und für Migration vom 14. April 2022 auf den Antrag „Stigmatisiert, kriminalisiert, verfolgt: Zum Stand der Entschädigung der Opfer des Paragrafen 175 StGB und der wissenschaftlichen Aufarbeitung der LSBTTIQ-Verfolgungsgeschichte im Südwesten“ von Oliver Hildebrand u. a. GRÜNE. Darin heißt es: „Bei den für die Erteilung der Rehabilitierungsbescheinigung nach dem StrRehaHomG zuständigen Staatsanwaltschaften im Land wurden insgesamt 26 Anträge gestellt (Stand: 26. April 2022).“ Wieviele der 26 Anträge bewilligt wurden und welche Geldsumme an die §175-Opfer in Baden-Württemberg ausgezahlt wurden geht daraus leider nicht hervor.

Wir veröffentlichen Antrag und Stellungsnahme hier im Folgenden (siehe unten).

Ralf Bogen

2022: Lesbische Lehrerinnen schreiben Geschichte – 30 Jahre GEW-Arbeitskreis Lesbenpolitik

Am 26. Oktober 2022 feierte die GEW Baden-Württemberg im Erinnerungsort Hotel Silber in Stuttgart das 30-jährige Bestehen des Arbeitskreises (AK) Lesbenpolitik (siehe auch: https://www.gew-bw.de/aktuelles/detailseite/lesbische-lehrerinnen-schreiben-geschichte). Im Rahmen dieser Feier stellte der Berliner Historiker Andreas Pretzel seine Studie zur Erforschung der Geschichte des Arbeitskreises vor.

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2022: Mann-Männliche Prostitution im „Dritten Reich“

Mirjam Schnorr: Mann-männliche Prostitution im „Dritten Reich“: Von den Schwierigkeiten ihrer Erforschung im regionalen und lokalen Kontext, Heidelberg 2022.
Zur Verfasserin: Sie hat ihre Dissertation an der Universität Heidelberg über Alltags- und Verfolgungserfahrungen von Prostituierten und Zuhältern im NS-Staat verfasst. Hierbei legte sie einen lokalen Schwerpunkt auf den deutschen Südwesten. Sie ist aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main.

Generallandesarchiv Karlsruhe: Auszug aus einer Vernehmung des Rudolf P. durch die Kriminalpolizei, Mannheim, 19.10.1942, S. 17. Auf die Veröffentlichungs- und Vervielfältigungsrechte des Landesarchivs Baden-Württemberg wird hingewiesen.

2017: Die schwul-lesbische Bewegung in Stuttgart

Timo Zilinski: Die schwul-lesbische Bewegung in Stuttgart. Vom Ende der Verfolgung zum Christopher Street Day 1969 bis 2000. Bachelorarbeit am Historischen Institut der Universität Stuttgart, Sommer 2017.

Zum Verfasser: Studium der Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft an der Universität Stuttgart, später der osteuropäischen Geschichte an der Freien Universität Berlin. In seiner Masterarbeit beschäftigte er sich mit Punk(s) in der DDR. Diverse Tätigkeiten in Bibliotheken, unter anderem am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam.