27.1.2025: Performance „Wir: gestern, heute, morgen“ – Gedenkstunde im Landtag von Baden-Württemberg für die Opfer der NS-Diktatur

Weissenburg e.V. in Kooperation mit: SjR Esslingen, SjR Stuttgart, Regenbogenrefugium, Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, Black Community Foundation Stuttgart, Jüdische Studierendenunion, Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg.
Text und künstlerische Leitung: Philine Pastenaci.
Video der gesamten Gedenkstunde. Performance „Wir: Gestern, heute, morgen“ ab 1:13.

Von Philine Pastenaci

Wer waren wir
Wer sind wir
Wer wollen wir sein.
Woran erinnern wir uns.
Woran nicht.

Man sagt, dass die Geschichte ständig neu geschrieben wird. 

Wir erinnern uns oft daran, was 1945 alles vorbei war.
Wir erinnern uns selten daran, was alles weiter ging.

Wir erinnern uns gerne daran, was alles aufgeklärt wurde.
Wir erinnern uns ungerne daran, was alles vertuscht wurde.

Wer alles im Amt geblieben ist,
Wer alles weiter verfolgt wurde,
Wer weiterhin eine gute Karriere hatte:

Lehrer*innen,Polizisten, Richter, Juristen, Ärzt*innen und viele mehr.

Wir erinnern uns daran, dass die meisten von ihnen Männer waren.

Wir erinnern uns daran, dass von 8500 SS Angehörigen, die in Auschwitz beschäftigt waren in Deutschland genau 49 für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen wurden.
49 von 8500

Wir erinnern uns daran, dass das nur ein Beispiel ist.
Wir erinnern uns daran, dass Millionen weitere Täter unbehelligt weiter lebten.

Wir erinnern uns an die Behandlung von Menschen mit Behinderung nach 45.
An die Ärzte und Ärztinnen, die weiter in den gleichen Einrichtungen arbeiteten in denen vorher gemordet wurde.

Wir erinnern uns daran, dass eine ganze Generation behinderter Menschen fehlt.

Wir erinnern uns selten an die Konsequenzen all dessen.
Wir erinnern uns selten daran, dass die Menschenfeindlichkeit nie ganz aufgehört hat.

Wir erinnern uns an die ersten Forderungen nach einem Schlussstrich unter die NS Zeit.
In den 1950er Jahren.
Wir erinnern uns an die Verharmlosung.

Wir erinnern uns an die Sinti Familie, die nahe Reutlingen ein Haus kaufen wollte, die Bevölkerung des Ortes aber gemeinschaftlich das Haus zerstörte bevor jemand einziehen konnte.
An den Bürgermeister, der eben jene Bevölkerung in den Schutz nahm.

An die homosexuellen Männer, die kaum aus dem KZ entlassen, wieder verhaftet wurden um ihre Strafe weiter abzusitzen. Ihre Strafe für so genannte „Unzucht“.

Wir erinnern uns daran, dass das Wort „asozial“ von Nationalsozialisten geprägt wurde, für alle, die nicht in ihr Weltbild passten:
Menschen mit Suchterkrankung, lesbische Frauen, trans Personen, Obdachlose, Arme, Alkoholkranke, Wanderarbeiter, sogenannte Arbeitsscheue, und viele mehr.

Wir erinnern uns an den Kampf aller betroffenen Gruppen, als Opfer anerkannt zu werden:

An Juden und Jüdinnen, Christ*innen aus Osteuropa, Menschen mit Behinderungen, Sinti*zze, Rom*nja, Jenische, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, sogenannte „Asoziale“, politisch Engagierte, Widerstandskämpfer*innen, Kriegsdienstverweigerer, Deserteure, an Schwarze Menschen.


Wir erinnern uns an die Abartigkeit der NS Rassenideologie.
Wir erinnern uns selten daran, dass diese eine lange Vorgeschichte hat.

Wir erinnern uns selten an die Grauen der deutschen Kolonialzeit.
Selten daran, dass die ersten deutschen Konzentrationslager im heutigen Namibia standen.

Wir erinnern uns an:
die Toten,
die Ermordeten,
die Entrechteten,
die Versklavten,
die Geschändeten,
die Entmenschlichten.

Aber leider oft nur aus bestimmten Zeiten.

Wir erinnern uns daran, wie Menschen gesagt wurde:
Du gehörst hier nicht hin.
Du bist nicht Deutsch.
Du bist kein Mensch. 
Du solltest hier nicht leben.
Du solltest überhaupt nicht leben.

Wir erinnern uns daran, wie Menschen nicht mehr Straßenbahn fahren durften, nicht mehr arbeiten durften, nicht mehr zur Schule gehen durften, ihnen der Pass entzogen wurde, wie ihnen nach und nach sämtliche Grundrechte entzogen wurden, und sie weg gebracht wurden.

Wie Menschen zu Schwerstarbeit gezwungen wurden. Wie Experimente an Ihnen durch geführt wurden. Wie sie staatlich organisiert ermordet wurden. 

Wir erinnern uns daran, dass innerhalb der kurzen 12 Jahre der NS Herrschaft die größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden.

Wir erinnern uns daran, dass nach 1945  im Angesicht des Grauens der NS Verbrechen die internationalen Menschenrechte formuliert wurden, genauso wie die Genfer Flüchtlingskonvention.

Wir erinnern uns an Artikel 1 Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes:
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Aber auch an Absatz zwei:
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Wir erinnern uns daran, wie stolz diese Gesetze formuliert wurden.
Aber auch daran, wie wenig sie umgesetzt werden.

Wir erinnern uns an Semre Ertans Gedicht:
„Mein Name ist Ausländer“ dass beschreibt, wie sie nicht als Mensch wahrgenommen wurde.

Daran, dass sie sich aus Protest gegen die Feindlichkeit, die ihr begegnete, 1982 selbst verbrannte.

Wir erinnern uns an die Anschläge in:
Mölln,  Solingen, Rostock Lichtenhagen, an die NSU Morde, an Dessau, Kassel, Halle, Hanau

Wir erinnern uns daran, dass es kaum Konsequenzen danach gab.
Dass der Ruf nach Solidarität immer schnell verhallte.
Der nach geschlossenen Grenzen und Abschiebung aber immer lauter wurde.
Dass die Mittel für Jugendarbeit und Bildung im Anschluss kaum erhöht wurden.

Wir erinnern uns an,  Layla M., die mit ihrer Partnerin vor Verfolgung und Tod aus dem Iran geflohen ist. Die im Dezember 2023 in Stuttgart nachts um 3:30 von der Polizei geweckt wurde, daran dass sie durch die Polizei von ihrer Partnerin getrennt wurde, daran dass sie so in Panik geriet, dass sie nicht in der Lage war einen Koffer zu packen.
Daran, dass sie ohne Jacke und Wechselkleidung bei Minusgraden nach Finnland gebracht wurde.

 Wir erinnern uns daran, dass ihr Fall keine Ausnahme ist. Dass ähnliches jeden Tag passiert.

Wir erinnern uns daran, dass diese Liste endlos fortgeführt werden könnte.

Wir erinnern uns daran wie gesagt wurde, eine ganze Religionsgemeinschaft würde nicht zu Deutschland gehören.

Wir erinnern uns an den Wert der Meinungsfreiheit.
Wir erinnern uns daran, dass man durchaus alles sagen kann.
Dass man sich fragen sollte ob man alles sagen möchte.
Dass Sprache immer eine Geschichte hat.
Dass sie immer im Wandel ist.
Und immer im Wandel war.
Sprache ist ein Spiegel unserer Zeit.
Wofür wir keine Worte haben, das existiert für uns nicht.
Wofür wir nur abwertende Worte haben, das werten wir ab.

Wir erinnern uns an,  die ersten Menschen, die gegen die Abwertung aufgestanden sind:

Menschen verschiedener Religionen, die verschiedene Sprachen sprechen, die verschiedene Kulturen leben, verschiedene Geschlechter haben, verschiedene Körper, verschiedene Haare, verschiedene Hautfarben, die verschieden lieben, und verschiedene Fähigkeiten haben.

Aber alle das selbe Blut. Und die selbe DNA. Die alle Homo Sapiens sind. Verständige Menschen.
Die aufgestanden sind und gesagt haben:

Es reicht.
 
ich will das nicht mehr.
Ich lasse mich nicht mehr bespucken.
Ich lasse mich nicht mehr klein machen.
Ich habe ein Recht zu leben.
Ich habe ein Recht hier zu leben.
Ich bin ein Mensch.
Ich habe Rechte.
Ich habe Würde.
Ich möchte, dass diese geachtet wird.

Wir erinnern uns daran, dass die Meinungsfreiheit des einen da aufhören sollte, wo die Würde eines anderen anfängt.

Wer sind wir.
Wer wollen wir sein.
Wer ist mit „wir“ gemeint?
Warum gibt es immer wieder ein „wir“ und ein „die“?
Ist das „wir“ nicht stärker je mehr Menschen es einschließt?

Wir wünschen uns:
Solidarität. Menschlichkeit. Anerkennung. Würde. Inklusion. Bildung. Aufklärung. Empathie.

Wir leben in einem Land der Kultur der Erinnerung. Erinnerung bedeutet Verantwortung.
Bedeutet Probleme Lösen statt mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Ihr könnt bestimmen wer ihr sein wollt.
Wir können bestimmen wer wir sein wollen.
Gestern, heute und morgen.

25.01.2025: Zum Gedenktag an die Opfer der NS-Diktatur: Impulse, Austausch, Gedenken

80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945: Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Diktatur am Samstag, den 25. Januar 2025, 15 Uhr, im Hospitalhof Stuttgart, Büchsenstraße 33

Die Geschichte der „Büchsenschmiere“ im Hospitalviertel, in dem die Kriminalpolizei Stuttgart bis 1945 untergebracht war, wird im Zentrum einer Veranstaltung zum diesjährigen Gedenktag an die Opfer der NS-Diktatur stehen. Am Samstag, den 25. Januar 2025, 15 Uhr, laden das Projekt „Der-Liebe-wegen“, der Weissenburg e.V., die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V., die Stuttgarter Stolperstein-Initiativen und Regenbogen.Bildung.Stuttgart in den Hospitalhof Stuttgart, Büchsenstraße 33, ein.

In einem Vortrag unter dem Titel „Die NS-Verbrechen der Kripoleitstelle Stuttgart im Hospitalviertel – der lange Weg der Aufarbeitung“ werden Gudrun Greth und Ralf Bogen unterschiedlichen Fragen nachgehen: Welche Rolle hatte die Kripoleitstelle Stuttgart für die NS-Diktatur? Warum erinnert die Gedenktafel erst seit einem Jahr auch an die Angehörigen sexueller Minderheiten?

Jugendliche aus verschiedenen Organisationen wie beispielsweise der DGB-Jugend, des Stadtteilzentrums Gasparitsch oder der Gruppen der Burgjugend des Weissenburg e.V. werden kurze Impulse geben zur Frage „Warum und wie heute an die NS-Verbrechen erinnern?“. Danach findet ein generationenübergreifender Austausch statt. Abschließend erfolgt der Gang zur neuen Gedenktafel am Leonhard-Lechner-Weg. Hier werden Blumen niedergelegt.

Die Veranstaltung findet im Rahmen einer Kooperation mit der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg, dem Evangelischen Bildungszentrum Hospitalhof Stuttgart und dem Zeichen der Erinnerung e.V. statt. Sie wird musikalisch umrahmt von den jungen Musikern Andrii Rubskyi und Yelisei Martynovaus aus der Ukraine und Alexander Nesterov aus Russland. Mit ihren Liedern erinnern sie an die Millionen NS-Opfer aus Belarus, Ukraine und Russland.

Weitere Informationen zur Gedenktafel im Hospitalviertel zur Erinnerung an den NS-Terror der Kripoleitstelle Stuttgart:

Januar 2025: Gedenkstunde des Landtags von Baden-Württemberg und weitere Veranstaltungen in Stuttgart, Heidelberg und Mannheim

Gedenkstunde des Landtags von Baden-Württemberg zum Tag des Gedenkens an die Opfer der NS-Diktatur am Montag, 27. Januar 2025, ab 11:00 Uhr online

80 Jahre liegt die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zurück. Das Grauen, das sich der Welt an jenem 27. Januar 1945 offenbarte, ist zum Inbegriff geworden für die Ermordung und das Leid von Millionen von Menschen unter nationalsozialistischer Schreckensherrschaft. (…)
Wir wollen zurückblicken (…) aber auch vorausschauen auf den vor uns liegenden Weg des Erinnerns. Denn angesichts wachsender Geschichtsvergessenheit und dem Erstarken von Menschenfeinden stehen wir womöglich erneut am Scheideweg der Demokratie

(Aus der Einladung „Gedenkstunde des Landtags von Baden-Württemberg zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“)

Programm:

Gedenkrede
Muhterem Aras MdL
Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg

Grußwort
Michael Kashi
Vorstandsmitglied der israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs

Fachvortrag
„Der Weg des Erinnerns“
Prof. Dr. Martin Sabrow
Senior Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Sprecher des Leibniz-Forschungsverbundes „Wert der Vergangenheit“

Beitrag
„Wir: Gestern, heute, morgen“
Weissenburg e.V. und Kooperationspartner

Musik
Noga Sivan (Violine), Zohar Sivan (Cello), Prof Dr. Noam Sivan (Klavier)

Weitere Veranstaltungen zum Gedenktag und darüber hinaus in Stuttgart, Heidelberg und Mannheim:

In Stuttgart:

Sa., 25. Januar 2025, 15 Uhr, Hospitalhof Stuttgart, Büchsenstraße 33:
Zum Gedenktag 2025 für die Opfer der NS-Diktatur: Impulse, Austausch, Gedenken

In Heidelberg:

Do., 9. Januar 2025, 17 Uhr, Sandgasse 10, Heidelberg Altstadt:
Enthüllung einer Gedenkplakette für Magnus Hirschfeld

Do., 9. Januar 2025, 18 Uhr, Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2, Heidelberg:
Eröffnung der Ausstellung „Gefährdet leben. Queere Menschen 1933-1945“
der Magnus-Hirschfeld-Stiftung (in Heidelberg bis 16. Februar, danach ab 20. Februar in Mannheim)
Mit einer Einführung der Co-Kuratorin Dr. Insa Eschebach
Öffnungszeiten: Di., 9:30 – 19:45, Mi., Do., Fr. 9:30 – 16:30 Sa., So. 11 – 16:30 Uhr
Do., 16. Januar 18 Uhr: Führung durch die Ausstellung mit Karl-Heinz Steinle, M.A.
So., 2. Februar 11:30 Uhr: Führung durch die Ausstellung mit Prof. Dr. Karen Nolte

Sa., 15. Februar 2025, 14 Uhr, vor dem Dokumentations- und Kulturzentrum deutscher Sinti und
Roma, Bremeneckgasse 2, Heidelberg:
„Lesbisch. Schwul. Queer. Erinnerung in Bewegung“ – ein Stadtrundgang der lesbisch-schwulen Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar

Do., 23. Januar, 18 Uhr, im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2, 69117 Heidelberg:
Vortrag „Und wenn ich zehn Jahre herumreise, kriegen tut man mich doch nicht.“
mit Frauke Steinhäuser, M.A., freiberufliche Historikerin in Hamburg

Do., 30. Januar, 18 Uhr, im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2, 69117 Heidelberg:
Vortrag „Ich möchte so gerne mein Leben in die Welt schreien.“ mit Adele Haas inter*

Do, 6. Februar Vortrag, 18 Uhr, im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2, 69117 Heidelberg:
„Ich werde von der Menschheit als Frau als vollwertigen Menschen behandelt.“ mit Kai* Brust, M.A., freiberufliche*r Historiker*in in Berlin

Do., 13. Februar, 18 Uhr, im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2, 69117 Heidelberg:
Finissage mit Musikprogramm „Claire Waldoff: Ich will aber gerade vom Leben singen …“
Eine musikalische Biografie von und mit Sigrid Grajek sowie Stefanie Rediske am Piano

In Mannheim

Sa., 1. Februar, 18 Uhr, Cinema Quadrat, K 1,2; 68159 Mannheim:
Gendertrouble in der Weimarer Republik:
„Mädchen in Uniform“ (1930, 83 Min.) und „Ich möchte kein Mann sein“ (1918, 44 Min.)
Fassung: Tonfilm und Stummfilm mit Live-Musik von Jens Schlichting (Klavier)
Referentinnen: Karola Gramann und Heide Schlüpmann,
Filmwissenschaftlerinnen, Filmhistorikerinnen, Autorinnen
Eintritt: 20 € regulär/ 15 € ermäßigt / 13 € Mitglieder

Do., 20. Februar 2024, 18:30 Uhr Mannheimer Abendakademie; U 1, 1; 68161 Mannheim:
Eröffnung der Ausstellung „Gefährdet leben. Queere Menschen 1933-1945“ der Magnus-Hirschfeld-Stiftung (bis 27. März)

Sa., 15. März 2025, 14 Uhr, ab Abendakademie Mannheim U1,1:
„Lesbisch. Schwul. Queer. Erinnerung in Bewegung“ – ein Stadtrundgang der lesbisch-schwulen Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar

Sa., 15. März 2025, 17 Uhr, ab Abendakademie Mannheim U1,1:
„queer. lesbisch. feministisch.“ – ein Stadtrundgang der lesbisch-schwulen Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar

Di., 18. März 2025, 18 Uhr, ab Abendakademie Mannheim U1,1:
„Lesbisch. Schwul. Queer. Erinnerung in Bewegung“ – ein Stadtrundgang der lesbisch-schwulen Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar

Januar 2025: Ein ganzes Leben in Zwangseinrichtungen

Aus Anlass des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2025, dem achtzigsten Jahrestag der Befreiung von Ausschwitz, hat uns Claudia Weinschenk folgenden Beitrag zur Erinnerung an eine Frau zugesandt, die durch äußere Zwänge nie die Chance auf ein selbst bestimmtes Leben hatte. Claudia Weinschenk forschte fünf Jahre in Akten von baden-württembergischen Psychiatrien aus der NS-Zeit nach Hinweisen auf Frauen, die nicht-heteronormativ empfanden. Weil die Daten sehr sensibel dürfen sie nur anonymisiert veröffentlicht werden.

B.G. hatte bereits einen schlechten Start ins Leben: Sie wurde 1915 in der Frauenstrafanstalt Bruchsal geboren. Ihr Vater fiel noch im selben Jahr im Ersten Weltkrieg. Sie hatte mehrere Geschwister. Da ihre nun alleinerziehende Mutter überfordert war wurde sie von der Fürsorge in ein Waisenhaus verbracht, in dem sie bis zum Ende ihrer Schulzeit verblieb. Danach war sie bis zum Alter von 18 Jahren in verschiedenen Erziehungsheimen untergebracht. Dann konnte sie in Freiburg einen Platz in einem Mädchenwohnheim erhalten, das von der Freiburger städtischen Fürsorge betreut wurde.

Erstmals in ihrem Leben konnte sie sich nun frei und ohne Zwänge bewegen. Offensichtlich nutzte sie das auch aus, denn ihre Freiheit währte nur kurz: Sie wurde schon bald von der Polizei auf dem Freiburger Schloßberg unter dem Vorwurf, sie habe sich dort „mit Männern herumgetrieben und mit zweien geschlechtlich verkehrt“ aufgegriffen. Sie wurde allerdings nicht wegen Prostitution inhaftiert sondern in die Universitätspsychiatrie Freiburg verbracht, wo sie ungefähr ein Jahr verblieb. Ihre dortige Diagnose lautete „haltlose asoziale Psychopathin“. In den Akten der Psychiatrie Freiburg wurde vermerkt, sie habe sich „eng an eine Puella“ angeschlossen, eine Benennung für eine Prostituierte. Von Freiburg wurde sie 1934 in die nahe gelegene Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen verbracht, wo sie bis April 1940 verbleiben sollte.

Bereits in den ersten Tagen ihres dortigen Aufenthalts wurde in der Akte vermerkt: „unterhält ein intimes Verhältnis mit einer (..) Pat., wobei sie, obwohl bedeutend jünger, doch die Tonangebende, Aktive und weitaus Gefährlichere ist.“ Ähnliche Vermerke finden sich immer wieder, beispielsweise: „Ist erst kürzlich dabei überrascht worden, wie sie bei einer anderen Patientin im Bett lag und pervers sich betätigte Sexuell völlig haltlos und äusserst leicht erregbar.“, „Wurde von einer Mitkranken beschuldigt mit einer anderen Kranken homosexuelle Sachen zu treiben“. An anderer Stelle wurde sie auch als „mannstoll“ beschrieben. Im Oktober 1939 vermerkte ein*e Ärzt*in: „Immerhin eignet sie sich tatsächlich nicht für eine Irrenanstalt. Man sollte eigentlich einen Entlassungsversuch durchführen und bei Missglücken sie in ein Arbeitshaus einweisen“. Es dauerte dann noch ein halbes Jahr bis sie entlassen wurde.

Sie hat es nicht geschafft: Sie kam mehrmals wegen diverser Straftaten in Konflikt mit dem Gesetz, wurde inhaftiert und im Landeskrankenhaus Sigmaringen untergebracht und verbüßte schließlich 1942 wegen „verbotenen Umgangs mit Kriegsgefangenen“, also eines „Vergehen(s) gegen die Verordnung zum Schutz der Wehrkraft“, eine einjährige Gefängnisstrafe in der württembergischen Frauenstrafanstalt Gotteszell.

Nach Verbüßung ihrer Strafe wurde sie nicht in Freiheit entlassen sondern direkt in die Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten verbracht. Hier blieb sie bis zum März 1944. Der Vermerk zur Entlassung lautet: „versetzt nach Arbeitslager“.

Noch konnte ich nicht ermitteln in welches Arbeitslager B.G. verbracht wurde und wie ihr weiterer Lebensweg verlief. Weitere Recherchen diesbezüglich sind im Gange.

Claudia Weinschenk

Quellen:
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, E 120-1 Nr. 8702
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg, E 356i Bü 4246
ebd. F 235 III Bü 262a Nr. 76

19.1.2025: Aufruf zur Einreichung von Beiträgen für die Tagung „Bekämpfung von Homosexualitäten, Schwangerschaftsabbrüchen und weiteren Abweichungen von der völkischen Geschlechterideologie“

Deadline: 30. März 2025, Veranstaltende: Projekt „Der-Liebe-wegen“ und Weissenburg e.V.
Unterstützende Kooperationspartner:innen: Abteilung Chancengleichheit der Stadt Stuttgart, baf e.V. – Bildungszentrum und Archiv zur Frauengeschichte Baden-Württembergs, Gedenkstätte Grafeneck – Dokumentationszentrum, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. und Themengruppe Geschichte des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg.
Gefördert durch: Fachbereich Gedenkstättenarbeit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg; Tagungsort: Erinnerungsort Hotel Silber, Dorotheenstraße 10, Stuttgart; Datum und Uhrzeit: 13. Juli 2025 im Rahmen der CSD-Kulturwoche, 13.30 bis 17.30 Uhr

Um 1900 verbreiten sich auch im Deutschen Reich rassistische und völkische Ideen. Diese wurden oft von akademischen Eliten propagiert und fanden vor allem in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg eine verstärkte gesellschaftliche und politische Akzeptanz. Bestandteil dieser Ideen war die sogenannte „Rassenhygiene“, worunter der dreifache Kampf gegen „Rassenvermischung“, „Bevölkerungsrückgang“ und „Entartung“ verstanden wurde. Dies beinhaltete eine nach rassistischen Kriterien orientierte Geburtenregelung sowie die Bekämpfung von Homosexualitäten und Schwangerschaftsabbrüchen.

In der Zeit der Weimarer Republik, der ersten Demokratie in Deutschland, in den sogenannten „Goldenen Zwanziger“ entwickelten sich in fast allen größeren Städten homosexuelle Treffpunkte und Vereine, allen voran in Berlin – aber auch in Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim oder Heidelberg. Diese in der Weimarer Republik hart erkämpften Freiräume wurden nach der Errichtung der NS-Diktatur im Januar 1933 sehr schnell zerstört.
In Berlin wurde 1936 die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung“ installiert. Sowohl Homosexualitäten als auch Schwangerschaftsabbrüche galten als Angriff auf die „Volksgemeinschaft“ sowie auf das völkische Weltbild und dessen Geschlechterideologie und wurden polizeilich verfolgt. Viele Menschen wurden deswegen inhaftiert und ermordet. Dieses Leid wurde nach 1945 in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland weder offiziell wahrgenommen, noch als NS-Unrecht anerkannt. Im Gegenteil: es gab vielmehr eine Kontinuität von Repressionen und Verfolgung.

Und heute?

„Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Rechten wollen die LGBTQIA*- Community unsichtbar machen – wir kämpfen dafür, dass wir so sichtbar bleiben, wie wir sind!“, so Lars Lindauer vom im November 2024 neu gewählten Vorstand von Stuttgart Pride (siehe https://www.stuttgart-pride.de/). Die in den letzten Jahren erreichten rechtlichen und gesellschaftlichen Fortschritte in der Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt werden von völkischem Denken beeinflusste Strömungen heute wieder in Frage gestellt oder gar als „Regenbogenmist und Genderirrsinn“ verächtlich gemacht, diffamiert und angegriffen.

Bei rechtspopulistischen und neofaschistischen Gruppierungen ist auch heute wieder der Rassismus eng verknüpft mit Abwertungen von Frauen und LSBTIQA+-Personen sowie weiteren Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Es sind die gleichen Kräfte, welche in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Begriff der „Remigration“ die Vertreibung von Millionen Menschen anstreben und welche die Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt als Angriffe auf die Familien und das Wohl von Kindern und Frauen diffamieren.


Vorträge/Referent_innen gesucht

Die Tagung sieht einen Vortragsblock vor mit schwerpunktmäßig historischen Beiträgen und Forschungsergebnissen zu oben genannten Themen. Im Anschluss ist eine Podiumsdiskussion geplant, die explizit die Gegenwarts- und Zukunftsrelevanz thematisiert.
Für den Vortragsblock sind vier 20-minütige Vorträge vorgesehen. Gerne können sich Referent_innen aller akademischen Qualifikationsstufen melden, aber auch Initiativen, Geschichtswerkstätten, Vereine sowie unabhängig Forschende um ihre aktuellen Arbeiten und Projekte zu präsentieren und zu diskutieren.
Wir suchen Beiträge zum zentralen Thema der Tagung: das historische Phänomen der Abwertung und Bekämpfung von Homosexualitäten und Schwangerschaftsabbrüchen sowie von weiteren Abweichungen von der damit verbundenen Geschlechterideologie als Teil des rassistisch-völkischen Denkens. Dieses soll in seiner Entstehungsgeschichte, in seinen unterschiedlichen Varianten und Auswirkungen bis heute sichtbar gemacht werden. Die Beiträge können sich auf die Weimarer Zeit, die NS-Diktatur und auf die frühe Bundesrepublik beziehen und einzelne oder mehrere der oben genannten Aspekte beleuchten. Ausdrücklich sind Beiträge zur Lebenssituation von intergeschlechtlichen und/oder transsexuellen Menschen und zu §218-Repressions- und Verfolgungsgeschichten erwünscht.

Themenvorschläge (maximal 1 Seite DIN A 4; zusätzlich kurze biographische Angaben) können bis zum 30. März 2025 an folgende Mailadresse gerichtet werden: kontakt@der-liebe-wegen.org. Für Vortragende sind Honorarzahlungen möglich. Fahrt- und Unterkunftskosten werden ebenso erstattet.


Kontakt:

Ralf Bogen, Projekt „Der-Liebe-wegen.org“, eMail: kontakt@der-liebe-wegen.org, Website: Der-Liebe-wegen.org, Newsletter: Anmeldung zum NewsletterEin Projekt des Weissenburg e.V. | Zentrum LSBTIQA+ Stuttgart, Weißenburgstraße 28 A, 70180 Stuttgart

Thomas Stöckle, Gedenkstätte Grafeneck – Dokumentationszentrum, eMail: thomas.stoeckle@gedenkstaette-grafeneck.de, Website: http://www.gedenkstaette-grafeneck.de/startseite.html, Grafeneck 3, 72532

21.-23.11.2024: „Queere Menschen und die Kirchen“ – ein subjektiver Tagungsbericht

„Lange haben die katholische und die evangelische Kirche alle Lebensformen jenseits der Heteronormativität verurteilt und LGBTQI* in christlicher Lehre wie kirchlicher Praxis marginalisiert und diskriminiert. Momentan vollzieht sich jedoch ein vorsichtiger Umbruch. In dieser Situation wollen wir (…) einen Beitrag zu den Diskussionen um eine weitere Öffnung leisten“ – so hieß es in der Einladung zur Tagung „Queere Menschen und die Kirchen“. Zu ihr hatte die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Kooperation mit mehreren Partnerorganisationen (1) am 21. bis 23. November 2024 in ihr Tagungszentrum Hohenheim eingeladen.

Der besondere Reiz dieser Tagung zeigte sich für mich in drei Aspekten:

  • von unmittelbar Beteiligten der Aktion „#OutinChurch – für eine Kirche ohne Angst“ in 2022 zu erfahren, was diese Aktion ausgelöst hat;
  • im vielfältigen Spektrum der Vortragenden und Teilnehmenden;
  • in der mutigen Bereitschaft der Tagung damit zu beginnen, sich mit der schmerzhaften Rolle der Amtskirchen in der Aidskrise der 1980er Jahren auseinanderzusetzen.

Spürbare Nachwehen der Aktion „#OutinChurch“

Ohne den Hintergrund der Aktion „#OutinChurch“ wären viele Vorträge, wenn nicht gar die gesamte Tagung für mich so nicht vorstellbar gewesen. Daher möchte ich zunächst diese Aktion in Erinnerung rufen. 125 Personen erklärten am 24. Januar 2022 ihr gemeinsames Coming Out im Manifest „#OutinChurch – Für eine Kirche ohne Angst“, das mit folgender Selbstdarstellung begann: „Wir, das sind hauptamtliche, ehrenamtliche, potentielle und ehemalige Mitarbeiter*innen der römisch-katholischen Kirche. (…) Wir identifizieren uns unter anderem als lesbisch, schwul, bi, trans*, inter, queer und non-binär. (…) Die meisten von uns haben mannigfach Erfahrungen mit Diskriminierung und Ausgrenzung gemacht – auch in der Kirche.“ Das Manifest bezog unmissverständlich Stellung für rund 90.000 Beschäftigte der katholischen Kirche und 700.000 Beschäftigte bei deren Wohlfahrtsverband Caritas (insgesamt arbeiten in Deutschland rund 1,3 Millionen Personen für Kirchen und ihre Einrichtungen): „Bisher können viele von uns in ihrem kirchlichen Beruf oder Umfeld mit ihrer geschlechtlichen Identität und/oder mit ihrer sexuellen Orientierung nicht offen umgehen. Es drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Zerstörung der beruflichen Existenz. […] Damit ist ein System des Verschweigens, der Doppelmoral und der Unaufrichtigkeit etabliert worden.“
Bei der Tagung zeigten sich für mich die Nachwehen dieser Aktion insbesondere in den Vorträgen „Geschichte der Queerpastoral in der katholischen Kirche“ von Andreas Heek (Düsseldorf), „Pfarrerin mit Frau – eine (un)mögliche Geschichte“ von Sibylle Biermann-Rau (Tübingen – hier im Bezug auf die evangelische Landeskirche in Württemberg), „Queere Lebensgeschichten im Dialog“ von Kerstin Söderblom und Josephine Haas (Mainz), „Ungehorsam!“ von Jana Kristin Hoffmann (Bielfeld – hier in Bezug auf die Methodistische Kirche in den USA), „Beheimatung lesbischer Frauen in der alt-katholischen Kirche“ von Ella Detscher (Freiburg) und nicht zuletzt im Vortrag „Queere Menschen in den Kirchen“ von Jens Ehebrecht-Zumsande (Hamburg), einem der Initiatoren von #OutInChurch. [Zu „Queere Lebensgeschichten im Dialog“ siehe hierzu auch den Beitrag von Reinhard Brandhorst, Pfarrer i. R., über 20 Jahre Pfarrer der Leonhardsgemeinde Stuttgart und Initiator der alljährlichen Stuttgarter CSD- und Welt-AIDS-Tag-Gottesdienste bei der Veranstaltung „Religiös begründete Abwertungen als Nährboden für Hass und Gewalt gegen queere Menschen“ vom 13.7.2024 im Erinnerungsort Hotel Silber.] Das Verbindende bei all diesen Vorträgen war für mich, dass queere Menschen in den Kirchen sich nicht mehr verstecken, sondern sich generationsübergreifend gegenseitig helfen und ermutigen, die Stimme zu erheben und sichtbar(er) zu werden, damit sich in Kirchen endlich nicht mehr queere Menschen, sondern ihre Peiniger und Unterdrücker wegen ihrer diskriminierenden Worte und Taten schämen.

Jens Ehebrecht-Zumsande (links), einer der Initiatoren von #OutInChurch:

Vielfältiges Spektrum der Vortragenden und Teilnehmenden

Im Programm (2) der Tagung mit den drei Sektionen „Historische Perspektive“, „Theologische Auseinandersetzungen“ und „Lebenswelten und Handlungsräume“ kam ein vielfältiges Spektrum der Vortragenden und Teilnehmenden zum Ausdruck. Die Tagung hat Historiker:innen wie Theolog:innen, Haupt- und Ehrenamtlichen im kirchlichen Raum, Religionslehrer:innen, Kirchenarchivar:innen, Studierenden und nicht zuletzt Vertreter:innen queerer Kirchengruppen und Initiativen wie unserem Projekt „Der-Liebe-wegen.org“ im nichtkirchlichen Bereich die Möglichkeit zum Austausch geboten.
Auch die Sichtbarwerdung von trans* und inter*Personen und generell der Vielfältigkeit geschlechtlichen Seins wurde während der Tagung insbesondere durch die Vorträge „Denkstile und Anerkennung – der Diskurs um trans* und inter* Personen in Recht und Kirche“ von Mara Klein und Lea Quaing (Münster), „Doing Systematics am Beispiel der Transgeschlechtlichkeit“ von Theodor Adam (Hannover), „Your stories matter – Biografien von trans*Personen als Anstoß pastoraltheologischer Reflexion“ von Stephanie Bayer (Luzern) deutlich. Dazu trug auch Klaus-Peter Lüdkes (Altenberg) bei der Schlussdiskussion bei, der Vater eins transidenten Sohnes und Autor des Buches „Jesus liebt trans“ ist.

Mutige Bereitschaft damit zu beginnen, sich mit der schmerzhaften Rolle der Amtskirchen in der Aidskrise der 1980er Jahren auseinanderzusetzen

Als jemand, den die Aidskrise der 1980er Jahre maßgeblich geprägt hat, begrüße ich die mutige Bereitschaft der Tagung damit zu beginnen, sich mit der schmerzhaften Rolle der Amtskirchen in der Aidskrise der 1980er Jahren auseinanderzusetzen. Bei Beerdigungen wurden damals oftmals die Lebens- und Liebenspartner der Verstorbenen und ihr Leid durch kirchliche Vertreter nicht anerkannt. Hier zeigte sich die große politische und gesellschaftliche Wirkmächtigkeit der Kirchen auf die Lebenswelten queerer und auch heterosexueller Menschen, die keine der kirchlichen Norm entsprechendes Beziehungs- und Liebesleben führten, unabhängig davon, ob sich die Menschen selbst nun als religiös oder nicht religiös verstehen oder verstanden haben. Im Vortrag „Kirche, Katholizismus und HIV/Aids in den 1980er Jahren“ von Elisabeth Wittkowski (Bochum) wurde deutlich, wie die katholische Kirche zunächst eine Kondombenutzung strikt ablehnte und schwulen Männern generell und weltfremd sexuelle Enthaltsamkeit empfahl.

Bereits im ersten Vortrag der Tagung mit dem Titel „Gleichgeschlechtliches Begehren und die Grenzen des Erlaubten – Verschiebungen, Wandlungen, Wendepunkte von der Antike bis zur Gegenwart“ ging von Klaus van Eickels (Bamberg) auf den wichtigen Wendepunkt „Die Aids-Krise in den 1980er Jahren“ ein (siehe Abbildung). Vorwiegend schwule Männer gründeten in Deutschland die Aidshilfen. Nicht wenige waren mit dem zu frühen Tod von Freunden konfrontiert oder mussten gar ihren Partner bis zum Tod begleiten. Dies trug eher im Verborgenen mit dazu bei, dass die beiden Amtskirchen zunehmend in Schwierigkeiten gerieten, schwule Männer und Beziehungen nur auf Sex und einen sündhaften Lebensstil zu reduzieren und gleichzeitig gleichgeschlechtliche Partnerschaften weiterhin strikt zu missbilligen. An dieser Stelle sei mir ein kleiner Exkurs erlaubt, dass ich gerne – nicht nur im Kontext der Tagung – an Mitarbeitende der Kirchen erinnern möchte, die vorurteilsfrei und empathisch in der Aidskrise für männerliebende Männer und ihre Angehörige gekämpft und sich eingesetzt haben. In Stuttgart waren dies zum Beispiel Gerd Brunnert und Petrus Ceelen. Gerd Brunnert hatte die erste konfessionelle Aidsberatungsstelle Deutschlands bei der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart und die Angehörigentreffen im Waldschlösschen ins Leben gerufen. Petrus Ceelen war im Auftrag der Diözese Rottenburg als Seelsorger für Menschen mit HIV und AIDS-Kranke im Großraum Stuttgart engagiert – eine Stelle, die ebenso auf sein eigenes Betreiben hin in Stuttgart erst geschaffen wurde.

Podium und Schlussdiskussion und die Frage nach Perspektiven

Bei der Schlussdiskussion, die von der Theologin und Sozialethikerin Ursula Wollasch moderiert wurde, wurde durch die Beiträge von Sibylle Biermann-Rau, Jens Ehebrecht-Zumsande, Andreas Heek und Klaus-Peter Lüdke und weiteren Tagungsteilnehmenden deutlich, welch Fortschritte bereits erreicht wurden, aber auch welch langer Weg bis zu einer selbstverständlichen Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Kirche und Gesellschaft noch vor uns liegt. Dafür sei es weiterhin wichtig, sich gegenseitig Mut zu machen. Für queere Menschen in und außerhalb Kirche gelte: „Das Private ist politisch und das Politische ist Privat“. Die queerfeindlichen Kräfte in den Kirchen seien nicht geschichtsbewusst und würden Selbstreflexion und Begegnung auf Augenhöhe meiden. Die historische Perspektive hätte eine enorme befreiende Wirkung und gelte es für Queerfreundlichkeit zu nützen. Queere (Lebens-)Geschichten, die die Menschen erzählen, konnten viele Jahre nicht erzählt werden. Das hat sich deutlich verändert. Hier sei der generationsübergreifende Austausch von großer Bedeutung für gegenseitiges Verständnis. Die derzeit schizophrene Situation innerhalb der katholischen Kirche brachte Jens Ehebrecht-Zumsande mit dem Spruch „Als Kirchenmitarbeiter eine Bereicherung, als Katholik ein Sünder“ (siehe Abbildung aus dem Vortrag „Queere Menschen in den Kirchen“) eindrucksvoll auf den Punkt. Die Frage wurde aufgeworfen, ob diese kaum ertragbare Situation nicht Anlass für neue bundesweite Aktionen durch „#OutinChurch“ werden sollte. Aktivist:innen von „#OutinChurch“ wollten sich in nächster Zeit jetzt jedoch erst Mal mehr um sich selbst kümmern und sich auch gut mit außerkirchlichen queeren Organisationen vernetzen. „Kraft tanken„, „sich gegenseitig besser kennenlernen und Zeit füreinander nehmen“ und „vorsichtig den eigenen Weg weitergehen“ wurde als wichtige Quintessenz und als einer der aufgezeigten Perspektiven der Tagung in der Schlussdiskussion sichtbar.

Ralf Bogen

Weiterer Bericht zur Tagung „Auf dem Weg – mit vielen Fragen“ von Thomas König, Linda Huber und Johannes Kuber siehe hier.

(1) Partnerorganisationen waren Evangelische Akademie Bad Boll, LSVD+ Verband Queere Vielfalt, LSBTTIQ in Baden und Württemberg – das Forschungsprojekt der Abteilung Neuere Geschichte von der Universität Stuttgart, Katholische Erwachsenbildung Diözese Rottenburg Stuttgart e.V., Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und das Studienzentrum der EKD für Genderfragen.

(2) Programm der Tagung:

Donnerstag, 21. November 2024
14:00 Uhr, Begrüßung und Einführung
Sektion 1: Historische Perspektiven
14:30 Uhr: Gleichgeschlechtliches Begehren und die Grenzen des Erlaubten
Verschiebungen, Wandlungen, Wendepunkte von der Antike bis zur Gegenwart
Klaus van Eickels, Bamberg
15:15 Uhr: Gesetz, Moral und gesellschaftlicher Wandel. Die katholische Kirche, der Paragraph 175 und das Thema Homosexualität, 1969–1994. Ein Projektbericht
Alina Potempa & Frank Kleinehagenbrock, Bonn
16:00 Uhr Kaffeepause
16:30 Uhr Kirche, Katholizismus und HIV/Aids in den 1980er Jahren
Elisabeth Wittkowski, Bochum
17:15 Uhr Geschichte der Queerpastoral in der katholischen Kirche
Andreas Heek, Düsseldorf
18:00 Uhr Abendessen
19:30 Uhr Pfarrerin mit Frau – eine (un)mögliche Geschichte. Buchvorstellung mit Lesung
Sibylle Biermann-Rau, Tübingen
Kennenlernen und Austausch in der Denkbar

Freitag, 22. November 2024
08:00 Uhr Frühstück. Morgenimpuls
Sektion 1: Historische Perspektiven (Fortsetzung)
09:00 Uhr (K)ein Segen unterm Regenbogen? Das kirchliche Ringen um die Deutungshoheit im Kampf um die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Deutschland
Sabine Exner-Krikorian, München
09:45 Uhr Queere Lebensgeschichten im Dialog. Ein intergenerationaler Austausch im Horizont von queerer Biographie und queerer Theologie
Kerstin Söderblom & Josephine Haas, Mainz
10:30 Uhr Kaffeepause
Sektion 2: Theologische Auseinandersetzungen
11:00 Uhr Die queere Frau am Kreuz? Legenden und Kult um die heilige Kümmernis
Judith Reinders, Bonn
11:45 Uhr Denkstile und Anerkennung. Der Diskurs um trans* und inter* Personen in Recht und Kirche
Mara Klein & Lea Quaing, Münster
12:30 Uhr Mittagessen
14:30 Uhr Doing Systematics am Beispiel der Transgeschlechtlichkeit
Theodor Adam, Hannover
15:15 Uhr Homosexualität als Sodomie, Verbrechen und Krankheit. Die Begründung der Verurteilung von Homosexualität in der katholischen Lehre
Johanna Voithofer, Salzburg
16:00 Uhr Kaffeepause
Sektion 3: Lebenswelten und Handlungsräume
16:30 Uhr Queere Menschen in den Kirchen. Ressourcen einer radikalen Diversität offenlegen und verteidigen
Jens Ehebrecht-Zumsande, Hamburg
17:15 Uhr Ungehorsam! Queeres Leben in der Methodistischen Kirche in den USA
Jana Kristin Hoffmann, Bielefeld
18:00 Uhr Abendessen
19:30 Uhr Posterpräsentationen. „Your stories matter.“ Biografien von trans* Personen als Anstoß
pastoraltheologischer Reflexion
Stephanie Bayer, Luzern
Schulen im Fokus christlicher Initiativen mit Anti-Gender-Agenda. Möglichkeitsräume queerer Vielfalt im evangelischen Religionsunterricht
Marvin Gärtner, Bonn
Die Liebe, eine einigende Kraft. Sprache und Gender in liturgischen Texten der Alt-Katholischen Kirche
Nathalie Schuler, Bonn
Tagesausklang in der Denkbar

Samstag, 23. November 2024
08:00 Uhr Frühstück Morgenimpuls
Sektion 3: Lebenswelten und Handlungsräume (Fortsetzung)
09:00 Uhr „Konversionsbehandlungen“. Konturierungen eines komplexen Forschungsfeldes
Klemens Ketelhut, Heidelberg
09:45 Uhr Beheimatung lesbischer Frauen in der alt-katholischen Kirche
Ella Detscher, Freiburg
10:30 Uhr Kaffeepause
11:00 Uhr Fluchtlinien, Möglichkeitsräume, Perspektiven. Podium und Schlussdiskussion.
Sibylle Biermann-Rau, Tübingen; Jens Ehebrecht-Zumsande, Hamburg; Andreas Heek, Düsseldorf;
Klaus-Peter Lüdke, Altensteig; Moderation: Ursula Wollasch

12:30 Uhr Mittagessen und Tagungsende

17.11.2024: Für einen der größten CSD’s in diesen schwierigen politischen Zeiten Verantwortung zu übernehmen verdient Respekt!

Unser Projekt „Der-Liebe-wegen.org“ gratuliert Thomas Jansky (25), Betina Starzmann (34), Sina Will (31), Lars Lindauer (38) und Alexander Prinz (26, siehe Foto von l. n. r.) zu ihrer Wahl zum Vorstand der IG CSD Stuttgart e.V. auf der 31. ordentlichen Mitgliederversammlung am 17. November 2024 in der Weissenburg. Die langjährigen Vorstände Detlef Raasch und Marco Schreier sind aus ihrem Amt verabschiedet worden.

„Ich freue mich, gemeinsam mit meinen Vorstandskolleg*innen die Stuttgart PRIDE weiterzuentwickeln. Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Rechten wollen die LGBTQIA*- Community unsichtbar machen – wir kämpfen dafür, dass wir so sichtbar bleiben, wie wir sind!“, so wird Lars Lindauer auf der Webseite von Stuttgart Pride zitiert. Weiter heißt es hier: „Es gehe dem neuen Vorstandsteam künftig vor allem darum, in der Stuttgarter Community wieder mehr Kräfte zu bündeln, um eine größtmögliche Wirksamkeit in unserer queer-politischen Arbeit zu erreichen, so Betina Starzmann. ‚Wir sind jetzt ein fast komplett neues und junges Vorstandsteam. Viele Stellen im Team müssen durch den Weggang langjähriger Orgateam- Mitglieder neu besetzt werden. (…) Deshalb bitten wir die Mitglieder und auch die Stuttgarter Community um ihr Vertrauen und ihre Unterstützung‘, sagte Starzmann.“

In auf der Mitgliederversammlung verabschiedeten Anträgen wurde betont, dass die Erinnerung an die NS-Verbrechen für alle LSBTIQA+-Vereine, also auch für die IG CSD, angesichts der aktuellen Rechtsentwicklung und Erstarkung von rechtspopulistischen bis neofaschistischen Kräften wichtiger denn je ist, wir uns nicht auseinanderdividieren lassen dürfen und die IG CSD sich für die „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer“ einsetzt. Wir dokumentieren im Folgenden Auszüge aus zwei der verabschiedeten Anträge, die in direkten Zusammenhang mit der Erinnerungsarbeit vom Projekt „Der-Liebe-wegen.org“ stehen.

Der IG CSD Stuttgart e.V. unterstützt die Unterschriftenaktion „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer!“

Der IG CSD Stuttgart e.V. unterstützt die Unterschriftenaktion „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer“ an die Stadt Stuttgart, indem er über seine Medienkanäle und auf Veranstaltungen für diese wirbt und Fritz Bauer auch als einen Vorkämpfer gegen den Schandparagraphen 175 sichtbar macht und würdigt.

Begründung und Hintergrundinformationen:
Fritz Bauer hat als Generalstaatsanwalt und Initiator der sogenannten Frankfurter Ausschwitzprozesse einen unermüdlichen Kampf um die juristische Ahndung des nationalsozialistischen Unrechts geführt. Dabei ist vielfach immer noch nicht bekannt, dass Bauer einer der ersten in der Bundesrepublik war, der gegen die Bestrafung einvernehmlicher sexueller Handlungen von erwachsenen Männern in den 50er Jahren seine Stimme erhoben hat. Er gab 1963 beispielsweise den Sammelband „Sexualität und Verbrechen“ mit heraus, der als Taschenbuch auf breite Resonanz stieß. Bereits 1952 hatte er in seiner Eigenschaft als Generalstaatsanwalt den Versuch gewagt, durch das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des §175 StGB prüfen zu lassen. In den 50er Jahren als hoher Staatsbeamter für die Abschaffung des §175 einzutreten, war ein mutiger Tabubruch, den nicht nur LSBTIQA+-Vereine würdigen sollten.
Die VVN – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V. Kreisvereinigung Stuttgart hat eine Unterschriftenaktion „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer“ an die Stadt Stuttgart gestartet, deren Text wie folgt lautet: „Wir fordern die Ehrenbürgerschaft für den 1903 in Stuttgart geborenen Juristen des Friedens und der Menschlichkeit Fritz Bauer. 1933 wurde dieser im Zusammenhang mit Planungen zu einem Generalstreik gegen die Machtübertragung an die Hitlerfaschisten verhaftet und acht Monate im KZ Heuberg inhaftiert. 1956 wurde er hessischer Generalstaatsanwalt. Fritz Bauer schrieb 1955: „Ich wollte ein Jurist sein, der dem Gesetz und Recht der Menschlichkeit und dem Frieden nicht nur Lippendienst leistet.“ Es ist heute wichtiger denn je, Antifaschismus und den Einsatz für den Frieden nicht nur als Lippenbekenntnis zu begreifen. Dem Antifaschisten Fritz Bauer die Stuttgarter Ehrenbürgerschaft zukommen zu lassen, halten wir daher für unerlässlich.“[3]


[1] Weitere Informationen werden beispielsweise im Newsletter vom Projekt „Der-Liebe-wegen.org“ veröffentlicht. Anmeldung zum Newsletter unter: https://der-liebe-wegen.org/newsletter-anmeldung/

[2] Weitere Informationen zur Geschichte der NS-Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart: https://der-liebe-wegen.org/geplante-monographie-und-ausstellung-zur-geschichte-der-buechsenschmiere-der-ns-kripoleitstelle-stuttgart-und-das-anliegen-der-neugestaltung-der-dazugehoerenden-gedenktafel/ sowie https://der-liebe-wegen.org/gedenktafel-im-hospitalviertel-zum-ns-terror-der-kripoleitstelle-stuttgart-erinnert-nun-auch-an-angehoerige-sexueller-minderheiten/

[3] Weitere Informationen zu Fritz Bauer: https://der-liebe-wegen.org/zum-morgigen-internationalen-tag-gegen-homo-bi-inter-trans-asexuellenfeindlichkeit-idahobita-2024/ sowie https://der-liebe-wegen.org/120-jahre-fritz-bauer-antifaschist-streitbarer-demokrat-und-mutiger-vorkaempfer-gegen-das-%c2%a7175-unrecht/

Zum Jahrestag der Reichspogromnacht 2024: eine Mut machende Kundgebung für Vielfalt, Demokratie und Menschenrechte

Unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“ organisierte Projekt 100 % Mensch anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht am Samstag, den 9. November 2024 auf dem Stuttgarter Schlossplatz die Kundgebung „9 x 11 Minuten Widerstand. Gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte“. Gemeinsam mit der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD e.V.), dem Forum Kulturen, Janka Kluge (Journalistin), Stuttgart gegen rechts, ver.di Stuttgart, Mission TRANS* e.V., Omas gegen Rechts und unserem Projekt Der-Liebe-wegen.org sowie mit den Künstler:innen Shon Abram (Berlin), Josefin Feiler und Stine Marie Fischer von der Oper Stuttgart, die am Klavier von Shawn Chang begleitet wurden, wandte es sich „gegen Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus, Queerfeindlichkeit, Sexismus und alle weiteren Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ (aus der Pressemitteilung von Projekt 100 % Mensch). Hervorragend und sehr lebendig wurde die Veranstaltung von Black owned Buisness Stuttgart moderiert.

Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge aus der Rede vom Projekt Der-Liebe-wegen.org:

Auf unserer Webseite „Der-Liebe-wegen – von Menschen im deutschen Südwesten, die wegen ihrer Liebe und Sexualität ausgegrenzt und verfolgt wurden“ zeigen wir detailliert die NS-Verbrechen an queeren Opfern in unserer Region. Insbesondere in Zeiten der Erstarkung rechtspopulistischer und neofaschistischer Kräfte halte ich es für wichtig, dafür zu sorgen, dass diese NS-Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten und dass der Faschismus nicht als „Vogelschiss der Geschichte“ verharmlost wird. (…)

Heute sind wir hier, um anlässlich der Reichspogromnacht vor 86 Jahren daran zu erinnern, was geschehen kann, wenn Hass und Hetze eine Gesellschaft vergiften, wenn Ausgrenzung, Abwertung und Entrechtung von Menschen und ganzer Menschengruppen hingenommen oder gar unterstützt werden.

Die Schreckensnacht vom 9. auf den 10. November 1938 waren von der NS-Diktatur organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Menschen jüdischen Glaubens bzw. mit jüdischer Zuschreibung im Deutschen Reich. Dabei wurden zwischen dem 7. und 13. November im ganzen Reichsgebiet mehrere hundert Menschen ermordet, mindestens 300 nahmen sich das Leben. Um die 1400 Synagogen, „Bet“-Stuben und sonstige Versammlungsräume jüdischer Menschen sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden gestürmt und zerstört. Von der Synagoge in der Stuttgarter Innenstadt blieben nur noch die Mauern übrig. Ab dem 10. November folgten Deportationen jüdischer Menschen in Konzentrationslager. Mindestens 30.000 Menschen wurden interniert, Hunderte starben an den Folgen der mörderischen Haftbedingungen oder wurden hingerichtet. Diese Pogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung jüdischer Menschen in Deutschland hin zu ihrer systematischen Vertreibung und Unterdrückung. Im Rückblick waren sie eine Vorstufe zu dem drei Jahre später beginnenden Holocaust, der Vernichtung allen jüdischen Lebens.

13 Jahre zuvor, 1925, hatte Hitler bereits im ersten Band von „Mein Kampf“ seine Weltanschauung in bemerkenswerter Offenheit ausgebreitet: Sein rabiater Antisemitismus und Hass auf den Marxismus, auf Gewerkschaften, Liberalismus und Pazifismus kam ebenso deutlich zum Ausdruck wie seine Weltherrschaftspläne mit der Eroberung von neuem Lebensraum im Osten. Ernst genommen wurde das Buch jedoch kaum, wohl weil Mensch damals davon ausging, dass den Worten nicht unbedingt Taten folgen würden. Nach dem gescheiterten Putschversuch 1924 hatte Hitler eine weitgehend legale Strategie der Machtübernahme der völkischen Bewegung favorisiert. Viele Bürgerliche wie zum Beispiel der Reichstagsabgeordnete Theodor Heuss, der sich durchaus kritisch mit „Mein Kampf“ auseinandergesetzt hatte, vertrauten auf Hitlers neuem Legalismus und glaubten, Hitler werde sich durch das parlamentarische Verfahren bändigen lassen. Heute wissen wir alle, welch fataler Irrtum das war.

Heute geht es uns auch darum, wie wir anders als `33 einer weiteren Rechtsentwicklung und faschistischen Gefahr erfolgreich entgegenwirken können. Wie gefährlich die Situation heute bereits wieder geworden ist, möchte ich anhand von Auszügen aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 26.09.2019 deutlich machen. In jenem Beschluss hat das Gericht anerkannt, dass nach der folgenden Argumentation Björn Höcke berechtigt als Faschist bezeichnet werden kann. Denn diese Argumentation sei nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruhe auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage:

„Im Juli 2018 sei sein Buch mit dem Titel ‚Nie zweimal in denselben Fluss‘ (…) erschienen. (…) Dieses Buch bestätige insgesamt eine faschistische Agenda (…). Nach seiner Auffassung sei letztlich ein neuer Führer erforderlich, Teile der Bevölkerung sollten ausgeschlossen werden, insbesondere Migranten.
In rassistischer Diktion wettere er gegen den angeblich ‚bevorstehenden Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch‘. (…) Bezogen auf die von ihm angestrebte Umwälzung stelle er fest, dass „wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind“ mitzumachen.
Er denke an einen ‚Aderlass‘. (…) Er trete für die Reinigung Deutschlands ein. Mit starkem Besen sollten eine ‚feste Hand‘ und ein ‚Zuchtmeister‘ den Saustall ausmisten. Bezogen auf den Hitler-Faschismus sei diese für ihn vor allem die ‚katastrophale Niederlage von 1945‘. (…) In Dresden habe er eine ‚erinnerungspolitische Wende um 180 Grad‘ gefordert, was heiße, die Zeit des Hitler-Faschismus positiv zu betrachten (…). Das Holocaust-Denkmal in Berlin bezeichne er als Schandmal.“
(Quelle: siehe https://openjur.de/u/2180513.html).

Soweit aus dem Beschluss von 2019.

Wie sich die faschistische Gefahr in Deutschland in den letzten Jahren drastisch verschärft hat, zeigt sich anhand der Entwicklung der AfD: 2017 hatte der damalige AfD-Bundesvorstand Höcke noch selbst mit Hitler verglichen und ihm in einem Antrag zum Parteiausschluss „eine Wesensverwandschaft mit dem Nationalsozialismus“ vorgeworfen (siehe https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-spitze-vergleicht-hocke-mit-hitler-5495260.html). Dieses Parteiausschlussverfahren scheiterte. Dass stattdessen Höcke mittlerweile den Ton in der AfD angibt, wurde beim Bundesparteitag in Riesa 2022 deutlich. Im Gegensatz zu Alice Weidel war Höcke für die Streichung der Pseudogewerkschaft „Zentrum Automobil“ von der Unvereinbarkeitsliste der AfD, wofür 60% der Delegierten stimmten. Bei Zentrum Automobil ging und geht es um eine Betriebsgruppe, die 2009 im Mercedes-Werk in Stuttgart-Untertürkheim von Oliver Hilburger gegründete wurde. Hilburger war bereits seit 2006 ehrenamtlicher Arbeitsrichter sowie als Betriebsrat für die Christliche Gewerkschaft Metall tätig. Als von Antifaschisten seine Mitgliedschaft als Gitarrist in der Rechtsrock-Band „Noie Werte“ und seine Bezüge zur Terrororganisation Blood and Honours, zur NPD und zum neonazistischen III. Weg aufgedeckt wurde, verlor er 2007 per Gerichtsbeschluss sein Posten als Arbeitsrichter und wurde er aus der Christlichen Gewerkschaft Metall ausgeschlossen. Die Rechtsrock-Band „Noie Werte“ ist jene Band, mit deren Musik der NSU seine Bekennervideos bei den Morden an Migranten unterlegt hatte. „Ohne Zentrum Automobil sind wir nichts, und werden nicht durchbrechen!“ sagte Höcke beim AfD-Bundesparteitag 2022. Das zeigt, welche Bedeutung er dem Aufbau einer AfD-nahen spalterischen Pseudo-„Gewerkschaft“ mit dem Ziel der bundesweiten Ausbreitung in seiner Agenda beimisst.

Seit den Enthüllungen über ein Treffen in Potsdam im November 2023 wurde breit bekannt, dass unterschiedliche rechtspopulistische und neofaschistische Kräfte unter dem Begriff „Remigration“ planen, Millionen von Migrant:innen aus Deutschland zu vertreiben. Nach dem ehemaligen AfD-Vorstandsmitglied Maximilian Krah sei es in den nächsten zehn Jahren politisch und rechtlich nicht möglich, diese Menschen gegen ihren Willen auszuweisen. Was geschieht aber nach zehn Jahren, wenn es uns nicht gelingt, eine weitere Rechtsentwicklung zu verhindern? Müssen wir dann wie 1938 mit dem Übergang von der Diskriminierung zur systematischen Vertreibung und Unterdrückung von Migrant:innen rechnen?

Die gleichen Kräfte, die in Deutschland daran arbeiten, die Voraussetzungen für die angestrebte Vertreibung von Migrant:innen zu schaffen, bekämpfen auch alle Maßnahmen zum Schutz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Solche Maßnahmen werden als linksideologischen Angriff auf die traditionelle Familie und völlig absurd auch als Angriff auf das Wohl von Kindern und Frauen sowie verächtlich als „Regenbogenmist und Genderwahnsinn“ diffamiert. Trotz einer lesbischen Politikerin in führender Position bedeutet Familienförderung für die AfD, die Rechte von queeren Menschen wieder einzuschränken. Diese sollte uns alle wachrütteln!

Es liegt in der Verantwortung von jedem Einzelnen von uns, ob wir uns ihren rassistischen und queerfeindlichen Plänen widersetzen oder ob diese Kräfte durch Verharmlosung, Beschwichtigung und letzten Endes Legitimierung durch Übernahme ihrer Narrativen und Themen noch weiter gestärkt werden!

Wir brauchen eine viel bessere Vernetzung und einen intensiveren Austausch untereinander. Ermutigende Beispiele gilt es stärker bekannt zu machen. Wenn sich beispielsweise in einer Betriebsversammlung bei Mercedes Benz dutzende IG Metall Vertrauensleute während einer Rede des „Zentrums Automobil“ mit dem Banner „Kein Platz für Nazis!“ auf die Bühne stellen, dann gilt unser Dank allen daran beteiligten Kolleg:innen!

Wir brauchen ein vielfältigeres Bündnis von Gewerkschaften und von Frauen-, Queeren-, Umwelt- und Antikriegsaktiven um dafür zu kämpfen, was die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist:innen seit ihrer Gründung nach 1945 fordert und was jetzt dringt erreicht werden muss: Nämlich, dass der 8. Mai endlich ein Feiertag in Deutschland wird, wo die breite Aufklärung der Jugend über die NS-Verbrechen und die Würdigung aller antifaschistischer Widerstandskämpfer:innen im Mittelpunkt steht!

Angesichts der rechten Bedrohung, Demagogie und Spaltungspolitik ist es wichtiger denn je, dass wir aus 1933 die richtigen Lehren ziehen und uns heute nicht mehr auseinanderdividieren lassen! Unsere Hauptgegner sind rechtspopulistische und neofaschistische Kräfte und jene, die sie im Hintergrund finanzieren. Wo der Hauptgegner steht, dürfen wir bei all unseren Meinungsdifferenzen und Schwierigkeiten im Umgang miteinander nicht aus dem Blick verlieren, NIE UND NIMMER!

„Alles was nicht aufgearbeitet ist, wirkt weiter“ – Kurzbericht zur Veranstaltung „Religiös begründete Abwertungen als Nährboden für Hass und Gewalt gegen queere Menschen“ am 13.7.2024

An subtil weiterwirkenden, religiös begründeten Abwertungen von queeren Menschen als „widernatürlich“ oder gar als „Gefahr für Kinder und Familien“ knüpfen rechtspopulistische bis neofaschistische sowie religiös-fundamentalistische Kräfte heute wieder an. „Wie lässt sich dieser Nährboden für Hass und Gewalt gegen queere Menschen erfolgreich und nachhaltig abtragen?“ Diese Frage stand bei der öffentlichen Tagung im Erinnerungsort Hotel Silber Stuttgart am 13. Juli 2024 im Mittelpunkt.

Über 60 Personen hörten sich vier unten genauer vorgestellte Impulsvorträge von Ralf Bogen, Reinhard Brandhorst, Dr. Noah Munier und Karl-Heinz Steinle sowie Olcay Miyanyedi an. Moderiert wurde die anschließende (Podiums-)Diskussion von Brigitte Lösch, Vorsitzende der Initiative Lern‐ und Gedenkort Hotel Silber, und Dr. Axel Schwaigert, MCC Gemeinde Stuttgart. Für den musikalischen Rahmen der von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg geförderten Veranstaltung sorgte der Klarinettist Jürgen Klotz. Zur Veranstaltung hatten eingeladen: das Projekt „Der-Liebe-wegen.org“, Weissenburg LSBTIQA+-Zentrum Stuttgart, MCC Gemeinde Stuttgart und Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber in Kooperation mit der Abteilung Chancengleichheit der Landeshauptstadt Stuttgart und dem Haus der Geschichte Baden.-Württemberg.

Die Diskussionsrunde war sich weitgehend einig darin,

  • dass die konkrete Rolle der evangelischen und katholischen Kirche bei der Unterdrückung queerer Menschen in der NS-Zeit hier in Württemberg baldmöglichst aufgearbeitet werden soll (bislang sind uns wissenschaftliche Arbeiten und Publikationen „nur“ zu den Themen Kirchen und Krankenmorde sowie Kirchen und Antisemitismus / Shoa bekannt);
  • dass beispielsweise durch historische Bildung viel bekannter gemacht werden soll, dass der Islam per se nicht queerfeindlicher als das Christentum ist und mit den fünf Bücher Mose gemeinsame Wurzeln hat. Im Iran gab es beispielsweise um 1500 keine aktive Strafverfolgung von Homosexualität, während im christlichen Europa um diese Zeit Männer wegen gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen als „Sodomiten“ im Namen der Bibel getötet wurden. Heute ist es umgekehrt;
  • dass positive Beispiele von kirchlichen und muslemischen Akteuren sowie islamische Religionsgemeinschaften (siehe z. B. den Liberal-Islamischen Bund e.V.), die sich für Akzeptanz, Respekt und Gleichberechtigung queerer Menschen einsetzen, breiter bekannt gemacht werden sollten;
  • und dass gemeinsame Begegnungen von christlichen, muslemischen und atheistischen Menschen, um Vorurteile abzubauen, initiiert und gefördert werden sollen.

Wir veröffentlich hier, unter anderem auf Wunsch von Teilnehmenden, die Vortragsdateien 1, 2 und 4 und bedanken uns bei allen Beteiligten, so auch bei den fleissig Helfenden, die sich um die Verpflegung in der Kaffeepause gekümmert haben. Weitere Informationen zur Rolle von Bibel- und Korantexten bei der Diskriminierungsgeschichte queerer Menschen siehe hier.

Impuls 1: Die Frage nach den ideologischen Grundlagen der Ausgrenzung und Diskriminierung queerer Menschen während der NS- und Nachkriegszeit
Ralf Bogen, Projekt „Der-Liebe-wegen.org

NS- und Nachkriegstäter der Ausgrenzung und Diskriminierung von LSBTIQ-Menschen gab es nicht nur in Polizei und Justiz. Neben den Täter:innn in den Universitäten gab es diese auch in der evangelischen und katholischen Kirche, die gerade auch nach 1945 jahrzehntelang die ideologischen Grundlagen der Abwertung und Kriminalisierung queerer Menschen gesellschaftlich verankert haben. Auch die Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg hat in der Nachkriegszeit sehr lange noch sexuelle und geschlechtliche Minderheiten nicht als Opfer des NS- und Nachkriegsunrechts angemessen anerkannt, geschweige denn, eine vertiefte Auseinandersetzung mit den ideologischen Wurzeln dieses Unrechts geführt. Erst 2016 konnte in Kooperation – unter anderem mit dem Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg – durch die Fachtagung „Späte Aufarbeitung – Lebenswelten und Verfolgung von LSBTTIQ-Menschen im deutschen Südwesten“ ein grundsätzlich anderer Umgang mit dieser NS-Opfergruppe eingeleitet werden.

Impuls 2: Der lange Weg bis zur Bitte um Vergebung der evangelischen Kirche in Württemberg für das Unrecht, das von ihr an gleichgeschlechtlich orientierten Menschen begangen wurde
Reinhard Brandhorst, Pfarrer i. R., über 20 Jahre Pfarrer der Leonhardsgemeinde Stuttgart und Initiator der alljährlichen Stuttgarter CSD- und Welt-AIDS-Tag-Gottesdienste

70 Jahre nach der Befreiung vom sogenannten Dritten Reich begann der Deutsche Evangelische Kirchentag 2015 in Stuttgart mit dem „Gedenken zu Beginn“ erstmals an die Ausgrenzung und Verfolgung gleichgeschlechtlich Liebender zu erinnern. „Die Kirchen, auch unsere Württembergische Ev. Landeskirche, traten weder in der Zeit des Nationalsozialismus noch in der Nachkriegszeit eindeutig und klar für homosexuelle Menschen und gegen ihre Verfolgung und Ermordung ein. Gegen die Herabwürdigung und Verachtung von Homosexuellen durch weite Teile der christlichen Kirchen gab es im sog. Dritten Reich lediglich Einzelaktionen von wenigen Christen“, so begründete 2017 der Erstunterzeichner Dr. Harald Kretschmer den Antrag an die 15. Evangelische Landessynode in Württemberg, gleichgeschlechtlich orientierten Menschen um Vergebung zu bitten. 2019 hat der damalige Bischof Dr. h. c. Frank Otfried July in einer Andacht vor der Sommersynode die Bitte um Vergebung ausgesprochen. Zu Beginn des Vortrags wird ein kurzer Videoausschnitt der Vergebungsbitte gezeigt.
Reinhard Brandhorst, seit 1972 engagiert in schwulen Emanzipationsgruppen, vernetzt mit dem Bündnis Kirche und Queer (BKQ) und verheiratet mit Jürgen Klotz, hat aus seiner persönlichen Sicht berichtet, wie er den Weg bis zur Vergebungsbitte erlebt hat und was er sich heute von Kirche und Gesellschaft in Bezug auf die Aufarbeitung des genannten Unrechts wünscht.

Impuls 3: Die Kirche und der §175 StGB nach 1945
Dr. Julia Noah Munier und Karl-Heinz Steinle, Universität Stuttgart, Historisches Institut, Abteilung Neuere Zeitgeschichte, Forschungsprojekt „LSBTTIQ in Baden und Württemberg

In der Bundesrepublik Deutschland war noch bis Ende der 1960er Jahre jede Form von männlicher Homosexualität kriminalisiert. Trotz Kritik hielt die Politik am vom Nationalsozialismus übernommenen §175 StGB fest. Das insgesamt restriktive Sexualstrafrecht der Bundesrepublik hatte Auswirkungen auf die Lebenswelten Vieler – betroffen waren homo- und bisexuelle Männer wie Frauen, Personen, die geschlechtlichen Minderheiten zugehörten und selbst Heterosexuelle, die kein der Norm entsprechendes Beziehungs- und Liebesleben führten. Diese reformfeindliche Haltung der Politik war mitunter bestimmt und fundiert durch den politischen Einfluss der beiden christlichen Kirchen. In ihrem gemeinsamen Vortrag vermittelten Dr. Julia Noah Munier und Karl-Heinz Steinle einen Eindruck vom restriktiven Einfluss der Kirchen auf die Lebenswelten von homo- und bisexuellen Männern in Baden-Württemberg in den ersten Nachkriegsjahrzehnten. Sie beleuchteten durchaus ambivalente Anerkennungsbemühungen und stellen kirchliche Institutionen und Akteur*innen vor, die Liberalisierungsdebatten mitanstießen.

Impuls 4: Wie der „Nie-wieder“-Auftrag besonders bei diesem Thema Jugendliche aus muslimisch/migrantisch geprägten Familien erreichen kann
Olcay Miyanyedi, Religions- und Erziehungswissenschaftler, Forschung zu LSBTTIQ Jugendlichen mit Migrationsbiografie und einer der drei Schirmpersonen von Stuttgart Pride 2024

Den drei abrahamitischen Weltreligionen, – Judentum, Christentum und Islam –, liegen in großen Teilen die ca. 5000 Jahre alten fünf Bücher Moses zugrunde. Insbesondere nach der „Schöpfungsgeschichte“, die sich um Adam und Eva dreht, hätte Gott den Menschen zuerst als Mann und danach als Frau und beide ausschließlich heterosexuell angelegt. Gleichgeschlechtliche Empfindungen seien eine Abweichung einer gottgewollten Norm. Diese Aussagen, die nicht als Gottes Worte, sondern heute als historisches Produkt einer zeitgebundenen Interpretation der heiligen Schriften gewertet werden, sind nicht nur (religions-)wissenschaftlich längst überholt, sondern nach wie vor auch diskriminierend und sehr verletzend. Im Vortrag analysierte Olcay Miyanyedi wie sich Machtstrukturen und struktureller Rassismus in Deutschland auf muslimische und migrantische Jugendliche auswirken und dazu beitragen können, eine feindselige Haltung gegenüber queeren Personen sowie menschenverachtende Ideologien zu fördern. Er ging der Frage nach, wie dem in der Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit entgegengewirkt werden kann.

Brigitte Lösch, Vorsitzende der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber, und Dr. Axel Schwaigert, MCC Gemeinde Stuttgart, bei der Moderation der Veranstaltung
Für den musikalischen Rahmen sorgte der Klarinettist Jürgen Klotz.

Link Zeitungsartikel von Heidemarie A. Hechtel in der Stuttgarter Zeitung (leider kostenpflichtig)

12.6.2024: AfD-Bundestagsfraktion lehnt geplante Stärkung der Erinnerungskultur sowie Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt ab

Am 12. Juni 2024 hat der Bundestag den „Aktionsplan der Bundesregierung für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt – Queer leben“ beraten. Ein wesentlicher Bestandteil des Aktionsplans ist die Stärkung der Erinnerungskultur sowie Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt, Übergriffen und Anfeindungen.

Zur Erinnerungskultur heißt es darin:

„Die Verfolgung homo- und bisexueller Männer und Frauen, insbesondere in der NS-Zeit, aber auch ihre Kontinuität in der BRD und der DDR, sind nicht ausreichend erforscht. Zur Geschichte von trans- und intergeschlechtlichen Menschen gibt es kaum Forschung. Aber auch die Dokumentation und damit das Sichtbarmachen sowohl der LSBTIQ*-Emanzipationsgeschichte im Allgemeinen als auch der Lebens- und Leidensgeschichten von einzelnen LSBTIQ* ist ein wichtiges politisches Zeichen für die Anerkennung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und trägt zur Förderung einer Erinnerungskultur bei.“

Zum Thema Sicherheit wird ausgeführt:

„In Deutschland sind Gewalttaten, Übergriffe und Anfeindungen gegen LSBTIQ* sowohl im öffentlichen als auch im privaten Raum keine Seltenheit. Für die Betroffenen bedeutet das eine erhebliche Belastung sowie Einschränkung von Freiheit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Für besonders vulnerable Personengruppen, wie gewaltbetroffene LSBTIQ* mit Behinderungen, fehlen häufig Hilfestrukturen, die auf die besonderen Beratungsbedarfe ausgerichtet sind. Ziel der Regierungskoaltion ist es, (…) LSBTIQ* vor Gewalt, Übergriffen und Anfeindungen zu schützen (…) und Opfer besser zu unterstützen (…).“

Wir veröffentlichen im Folgenden kurze Auszüge einzelner Redebeiträge der Bundestagsdebatte. Das Protokoll der gesamten Debatte ist hier zu finden.

Sven Lehmann, Beauftrager der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, erklärte:

„Vor genau 30 Jahren wurde § 175 Strafgesetzbuch endgültig abgeschafft. Damit endete ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, unter dem Generationen vor allem homo- und bisexueller Menschen gelitten haben. Ihre Liebe wurde staatlich verfolgt, sie mussten sich verstecken, sie riskierten ihren Arbeitsplatz. Zehntausende wurden inhaftiert, viele davon in den Suizid getrieben. Ich denke, dass ich auch in ihrem Namen spreche, wenn ich sage: So etwas darf in Deutschland nie wieder passieren! (…)
Bei diesen CSDs geht es nicht, wie manchmal behauptet wird, um Sonderrechte einer Minderheit, sondern es geht um grundlegende Menschenrechte für alle Menschen, nämlich das Recht, selbstbestimmt zu leben und zu lieben, und zwar frei von Diskriminierung und Anfeindungen.“

Zum 30. Jahrestag der Abschaffung des §175 StGB merkte auch Mareike Lotte Wulf (CDU/CSU) an:

„Lassen Sie mich direkt zu Beginn ein paar kurze persönliche Sätze zum gestrigen 30. Jahrestag der Abschaffung des § 175 StGB sagen. Es ist schlimm genug, dass die Strafbarkeit von Homosexualität in der Bundesrepublik bis 1969 vollumfängliche Rechtslage war und § 175 erst gestern vor 30 Jahren, im Jahr 1994, restlos aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde. Trotz oder gerade aufgrund dieser traurigen Vorgeschichte ist das gestrige Jubiläum ein Ereignis, das mich persönlich tief berührt. Denn es lässt nicht nur an das unsagbare Leid zurückdenken, das so viele Männer und Frauen in unserem Land in der Vergangenheit erfahren mussten, und zwar einzig und allein deshalb, weil sie liebten, wen sie liebten.

Anke Henning (SPD) setzte sich kritisch mit der Gefahr von rechts in Bezug zum Aktionsplan auseinander:

„Die rechten Kräfte sind nicht nur in Deutschland und in Europa, sondern weltweit stärker geworden. (…) Sie bespielen international ihre Netze und Verbindungen (…). Sie nehmen aktiv Minderheiten wie etwa die queeren Menschen in den Fokus, um sie gegenüber der Gesellschaft zu instrumentalisieren, als ob Trans- und nicht binäre Menschen sie in ihren Rechten beschneiden oder ihnen etwas wegnehmen. Bewusst gestreute Desinformationen und Hetze führen dazu, dass Misstrauen gesät und negative Emotionen gegenüber Trans-, Inter- und nicht binären Personen aufgebaut werden. Sie versuchen mit allen Mitteln, die Zeit dahin zurückzudrehen, in der noch nicht mal die Rede von Gleichberechtigung von Mann und Frau war. (…) Gleiche Rechte für alle Menschen bedeuten nicht weniger Rechte für eine einzelne Person.“

Auch Jürgen Lenders (FDP) sprach von einer derzeitigen Umkehrbewegung, die uns beunruhigen sollte:

„Auch wenn die Menschen in Deutschland nach wie vor hinter der Gleichstellung von homosexuellen Paaren stehen, sehen wir doch, dass es zurzeit eine Umkehrbewegung gibt. Gewalt, Anfeindungen und auch Straftaten gegen queere Menschen nehmen in Deutschland mittlerweile zu. Das sollte uns alle miteinander beunruhigen. Es sollte uns auch beunruhigen, was wir alle schon als selbstverständlich gesehen haben: Jeder vierte Deutsche ist in Deutschland mittlerweile gegen die Ehe für alle. Das sollte uns echt zu denken geben. (…) Mich wundert es tatsächlich ein Stück weit auch, dass queere Menschen die AfD wählen. Aber queere Menschen sind halt nicht besser und nicht schlechter und nicht schlauer als der gesamte Durchschnitt der Bevölkerung. Aber es ist eine gute Gelegenheit gewesen, hier einmal an eine AfD-Forderung zu erinnern, wie die Ehe für alle abzuschaffen oder CSDs zu verbieten.“

Gökay Akbulut (Die Linke) merkte kritisch an:

„Die Koalition feiert das Selbstbestimmungsgesetz als Erfolg. Doch leider ist es vom Geist des Misstrauens gegenüber den Betroffenen geprägt. Außerdem ist die Ampel bei dem Anliegen, Schutz für queere Geflüchtete zu schaffen, gescheitert. Die Einstufung Georgiens als sicheres Herkunftsland wird selbst von Ihrem eigenen Queer-Beauftragten scharf kritisiert. Zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes verpasste die Ampel die Gelegenheit für eine Initiative, Artikel 3 des Grundgesetzes endlich auch um queere Menschen zu erweitern. Der Hass und die Gewalt gegen queere Menschen nehmen tagtäglich zu. Das Ziel, queere Menschen besser vor Übergriffen und Anfeindungen zu schützen, muss viel besser umgesetzt werden. Die Bundesregierung versprach 70 Millionen Euro jährlich, um Queerfeindlichkeit zu bekämpfen. Doch die angekündigten Gelder flossen nicht – jedenfalls nicht bis heute. Ein breites Bündnis aus LSVD und vielen anderen schrieb jetzt an die Bundesregierung: „Werden die hierin … aufgegriffenen Reformen nicht mit Nachdruck umgesetzt, droht“ der Aktionsplan „ein Feigenblatt zu werden“. Es ist daher an der Zeit, den Aktionsplan endlich mit Leben zu füllen.“

Mit welcher Demagogie Maßnahmen des Aktionsplan zur Stärkung der Erinnerungskultur und zum Schutz vor Gewalt abgelehnt werden, machte für die AfD Martin Reichhardt deutlich. Der Aktionsplan würde

„die traditionelle Familie zersetzen, Frauen und Kinder gefährden“

Er sprach davon, dass „junge Menschen und fleißige Arbeiter mehrheitlich die AfD gewählt“ hätten, die AfD die Zukunfts Deutschland sei, die anderen Politiker und Parteien abgewirtschaftet hätten und dass dies gut so sei. Die AfD-Bundestagsfraktion sprach sich in einem auch von Dr. Alice Weidel unterzeichneten Antrag dafür aus, keine der vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Sie diffamierte den Aktionsplan pauschal als einen „linksideologischen Angriff auf die traditionelle Familie (…) und das Wohl insbesondere von Kindern, Jugendlichen und Frauen“. Familienförderung bedeutet für sie, die Rechte von LSBTIQ* bzw. queeren Menschen wieder einzuschränken. Alle demokratische und humane Kräfte, insbesondere alle LGBTI*-Personen sollte dies wachrütteln!

Quelle: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw24-de-queer-leben-1006768
https://dserver.bundestag.de/btp/20/20174.pdf#P.22491

13.7.24: Tagung „Religiös begründete Abwertungen als Nährboden von Hetze und Gewalt gegen queere Menschen in der NS- und Nachkriegszeit“ im Erinnerungsort Hotel Silber

Samstag, 13. Juli 2024, 13.30 bis 17.30 Uhr: Öffentliche Tagung im Erinnerungsort Hotel Silber Stuttgart (Dorotheenstraße 10, U-Bahn-Haltestelle Charlottenplatz) anlässlich der Stuttgart Pride Kulturwoche 2024

Wir bitten um Anmeldung bis zum 11.07.2024 unter veranstaltungen-hs@hdgbw.de
zum Einladungsflyer

PROGRAMM
13.30 Uhr Ankommen
13.45 Uhr Begrüßung
14.00 Uhr Impuls 1: Die Frage nach den ideologischen Grundlagen der Ausgrenzung und Diskriminierung queerer Menschen während der NS- und Nachkriegszeit
Ralf Bogen, Projekt „Der-Liebe-wegen.org“
14.30 Uhr Impuls 2: Der lange Weg bis zur Bitte um Vergebung der evangelischen Kirche in Württemberg für das Unrecht, das von ihr an gleichgeschlechtlich orientierten Menschen begangen wurde
Reinhard Brandhorst, Pfarrer i. R., über 20 Jahre Pfarrer der Leonhardsgemeinde Stuttgart und Initiator der alljährlichen Stuttgarter CSD- und Welt-AIDS-Tag-Gottesdienste
15.00 Uhr Impuls 3: Die Kirche und der §175 StGB nach 1945
Dr. Julia Noah Munier und Karl-Heinz Steinle, Universität Stuttgart, Historisches Institut, Abteilung Neuere Zeitgeschichte, Forschungsprojekt „LSBTTIQ in Baden und Württemberg
15.30 Uhr Impuls 4: Wie der „Nie-wieder“-Auftrag besonders beim Thema religiös begründeter Abwertungen queerer Menschen Jugendliche aus muslimisch/migrantisch geprägten Familien erreichen kann
Olcay Miyanyedi, Religions- und Erziehungswissenschaftler, Forschung zu LSBTTIQ Jugendlichen mit Migrationsbiografie und einer der drei Schirmpersonen von Stuttgart Pride 2024
16.00 Uhr Kaffeepause
16.30 Uhr Podiumsdiskussion mit den Impulsgebenden – Was tun wir und was können wir zukünftig tun, um den Nährboden von Hass und Gewalt nachhaltig abzutragen?
Moderation: Brigitte Lösch, Vorsitzende der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber und Dr. Axel Schwaigert, MCC Gemeinde Stuttgart. Für den musikalischen Rahmen sorgt der Klarinettist Jürgen Klotz.
17.30 Uhr Ende der Veranstaltung

Impuls 1: Die Frage nach den ideologischen Grundlagen der Ausgrenzung und Diskriminierung queerer Menschen während der NS- und Nachkriegszeit
Ralf Bogen
NS- und Nachkriegstäter der Ausgrenzung und Diskriminierung von LSBTIQ-Menschen gab es nicht nur in Polizei und Justiz. Neben den Täter:innn in den Universitäten gab es diese auch in der evangelischen und katholischen Kirche, die gerade auch nach 1945 jahrzehntelang die ideologischen Grundlagen der Abwertung und Kriminalisierung queerer Menschen gesellschaftlich verankert haben. Auch die Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg hat in der Nachkriegszeit sehr lange noch sexuelle und geschlechtliche Minderheiten nicht als Opfer des NS- und Nachkriegsunrechts angemessen anerkannt, geschweige denn, eine vertiefte Auseinandersetzung mit den ideologischen Wurzeln dieses Unrechts geführt. Erst 2016 konnte in Kooperation unter anderem mit dem Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg durch die Fachtagung „Späte Aufarbeitung – Lebenswelten und Verfolgung von LSBTTIQ-Menschen im deutschen Südwesten“ ein grundsätzlich anderer Umgang mit dieser NS-Opfergruppe eingeleitet werden.

Impuls 2: Der lange Weg bis zur Bitte um Vergebung der evangelischen Kirche in Württemberg für das Unrecht, das von ihr an gleichgeschlechtlich orientierten Menschen begangen wurde
Reinhard Brandhorst
70 Jahre nach der Befreiung vom sogenannten Dritten Reich begann der Deutsche Evangelische Kirchentag 2015 in Stuttgart mit dem „Gedenken zu Beginn“ erstmals an die Ausgrenzung und Verfolgung gleichgeschlechtlich Liebender zu erinnern. „Die Kirchen, auch unsere Württembergische Ev. Landeskirche, traten weder in der Zeit des Nationalsozialismus noch in der Nachkriegszeit eindeutig und klar für homosexuelle Menschen und gegen ihre Verfolgung und Ermordung ein. Gegen die Herabwürdigung und Verachtung von Homosexuellen durch weite Teile der christlichen Kirchen gab es im sog. Dritten Reich lediglich Einzelaktionen von wenigen Christen“, so begründete 2017 der Erstunterzeichner Dr. Harald Kretschmer den Antrag an die 15. Evangelische Landessynode in Württemberg, gleichgeschlechtlich orientierten Menschen um Vergebung zu bitten. 2019 hat der damalige Bischof Dr. h. c. Frank Otfried July in einer Andacht vor der Sommersynode die Bitte um Vergebung ausgesprochen. Zu Beginn des Vortrags wird ein kurzer Videoausschnitt der Vergebungsbitte gezeigt.
Reinhard Brandhorst, seit 1972 engagiert in schwulen Emanzipationsgruppen, vernetzt mit dem Bündnis Kirche und Queer (BKQ) und verheiratet mit Jürgen Klotz, wird aus seiner persönlichen Sicht berichten, wie er den Weg bis zur Vergebungsbitte erlebt hat und was er sich heute von Kirche und Gesellschaft in Bezug auf die Aufarbeitung des genannten Unrechts wünscht.

Impuls 3: Die Kirche und der §175 StGB nach 1945
Dr. Julia Noah Munier und Karl-Heinz Steinle
In der Bundesrepublik Deutschland war noch bis Ende der 1960er Jahre jede Form von männlicher Homosexualität kriminalisiert. Trotz Kritik hielt die Politik am vom Nationalsozialismus übernommenen §175 StGB fest. Das insgesamt restriktive Sexualstrafrecht der Bundesrepublik hatte Auswirkungen auf die Lebenswelten Vieler – betroffen waren homo- und bisexuelle Männer wie Frauen, Personen, die geschlechtlichen Minderheiten zugehörten und selbst Heterosexuelle, die kein der Norm entsprechendes Beziehungs- und Liebesleben führten. Diese reformfeindliche Haltung der Politik war mitunter bestimmt und fundiert durch den politischen Einfluss der beiden christlichen Kirchen. In ihrem gemeinsamen Vortrag vermitteln Julia Noah Munier und Karl-Heinz Steinle einen Eindruck vom restriktiven Einfluss der Kirchen auf die Lebenswelten von homo- und bisexuellen Männern in Baden-Württemberg in den ersten Nachkriegsjahrzehnten. Sie beleuchten durchaus ambivalente Anerkennungsbemühungen und stellen kirchliche Institutionen und Akteur*innen vor, die Liberalisierungsdebatten mitanstießen.

Impuls 4: Wie der „Nie-wieder“-Auftrag besonders beim Thema religiös begründeter Abwertungen queerer Menschen Jugendliche aus muslimisch/migrantisch geprägten Familien erreichen kann
Olcay Miyanyedi
Den drei abrahamitischen Weltreligionen, – Judentum, Christentum und Islam –, liegen in großen Teilen die ca. 5000 Jahre alten fünf Bücher Moses zugrunde. Insbesondere nach der „Schöpfungsgeschichte“, die sich um Adam und Eva dreht, hätte Gott den Menschen zuerst als Mann und danach als Frau und beide ausschließlich heterosexuell angelegt. Gleichgeschlechtliche Empfindungen seien eine Abweichung einer gottgewollten Norm. Diese Aussagen, die nicht als Gottes Worte, sondern heute als historisches Produkt einer zeitgebundenen Interpretation der heiligen Schriften gewertet werden, sind nicht nur (religions-)wissenschaftlich längst überholt, sondern nach wie vor auch diskriminierend und sehr verletzend. Im Vortrag wird analysiert, wie sich Machtstrukturen und struktureller Rassismus in Deutschland auf muslimische und migrantische Jugendliche auswirken und dazu beitragen können, eine feindselige Haltung gegenüber queeren Personen sowie menschenverachtende Ideologien zu fördern. Es wird der Frage nachgegangen, wie dem in der Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit entgegengewirkt werden kann.

Hintergrundinformationen zu den Vergebungserklärungen der christlichen Kirchen und zur Rolle von Bibel- und Korantexten für die Ausgrenzung und Unterdrückung queerer Menschen

Bild rechts: Joachim Stein († 5.2.2023), Vorstand der Weissenburg LSBTIQA+-Zentrum Stuttgart, setzt sich in seiner Rede beim Deutscher Evangelischer Kirchentag Stuttgart in 2015 für die Aufarbeitung des NS-Unrechts an queeren Menschen und der konkreten Rolle der Landeskirche ein.

15. April 2024: Fritz Bauer auch als ein Vorkämpfer gegen das §175-Unrecht würdigen

(aktualisiert am 06.04.2024) Am Montag, den 15. April 2024 ab 14:30 Uhr wird in der Wiederholdstraße (gegenüber von Haus Nr. 10) in Stuttgart-Nord eine Gedenkstele für Fritz Bauer eingeweiht, was wir vom Projekt „Der-Liebe-wegen.org“ sehr begrüßen und unterstützen.
Mit Bauers Namen und Wirken als Generalstaatsanwalt in Hessen von 1956 bis 1968 verbindet sich sein unermüdlicher Kampf um die juristische Ahndung des nationalsozialistischen Unrechts. Auf seinen Beitrag hin ist die Ergreifung des untergetauchten NS-Verbrechers Adolf Eichmann zurückzuführen, einer der Hauptorganisatoren des Holocausts. Bauer gilt als Initiator der sogenannten Frankfurter Auschwitzprozesse und trug maßgeblich zur positiven Neubewertung der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 bei. Vom Projekt „Der-Liebe-wegen“ setzten wir uns darüber hinaus dafür ein, dass Bauers auch als mutiger Vorkämpfer das §175-Unrecht gewürdigt wird und das nicht mehr länger tabuisiert wird, dass er selbst wegen seiner Homosexualität als Flüchtling in Dänemark seit März 1936 von Abschiebung an Nazideutschland bedroht war.

„Der Staat hat […] keinen Anspruch auf eine Regelung der Intimsphäre; es ist nicht seine Sache, den Inhalt von Eros und Sexus der einzelnen zu bestimmen.“ Fritz Bauer, 1967 Foto: Fritz Bauer Büste in Malmö, Sven Rosborn – Own work, CC BY-SA 3.0Link – siehe auch den Beitrag: Fritz Bauer – Pionier der Bewegung Artikel 3? von Christian Knuth

Mit dem Schandparagraphen 175 wurden Tausende von homo- und bisexuell begehrende Männer staatlicherseits auch nach 1945 ihrer Würde und ihrer Freiheit beraubt. Hunderte von KZ-Überlebende §175-Opfer haben nach 1945 keinerlei Rehabilitierung erlebt und keinerlei Entschädigung erhalten. Im Gegenteil: ihre Verfolgung während der Nazidiktatur wurden bei §175-Vergehen gerade auch in Baden-Württemberg und gerade auch am Stuttgarter Landgericht als strafverschärfend gewertet (siehe https://der-liebe-wegen.org/nachkriegszeit_baden-wuerttemberg_spitzenreiter_der_verfolgung/).
Bauer lehnte das geltende Sexualstrafrecht als lebensfeindlich ab und wandte sich gegen staatliche Eingriffe in die Intimsphäre. „Eros und Sexus“ hätten frei zu sein und dürften keiner staatlichen Zweckbestimmung unterliegen. Das Sexualstrafrecht habe sich Bauer zufolge auf Handlungen zu berschränken, die Kinder und Jugendliche schädigten und gewalttätig waren. Ein wichtiger Beitrag Bauers und seiner Mitstreitenden war der Sammelband „Sexualität und Verbrechen“, der als Taschenbuch 1963 große Resonanz fand. Fortwährend argumentierte er gegen die Bestrafung des homosexuellen Verkehrs einverständlich handelnder erwachsener Männer. 1952 machte er in seiner Eigenschaft als Generalstaatsanwalt den mutigen Versuch, durch das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des §175 StGB prüfen zu lassen. Im Beitrag von Werner Renz „Wider die Kriminaliserung von Sexualität“ (veröffentlicht in dem 2023 herausgegeben Band „Verfolgung – Diskriminierung – Emanzipation“ von Michael Mayer und Michael Schwartz) heißt es unter der Zwischenüberschrift „Wider den Schwulenparagrafen“:

„Vor dem Landgericht Braunschweig hatten sich ein ’50jähriger Vertreter und ein vielfach vorbestrafter 22jähriger Arbeiter‘ zu verantworten. Bauer vertrat laut Presseberichten die Anklage in der Absicht, keinen Strafantrag zu stellen. In einer Meldung der Deutschen Presseagentur heißt es: ‚Das Schöffengericht Braunschweig lehnte einen Antrag des Generalstaatsanwaltes Bauer ab, nach dem das Verfahren ausgesetzt […] und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtsgültigkeit‘ des §175 ‚herbeigeführt werden sollte‘. Und weiter: ‚Der Generalstaatsanwalt begründete seinen Antrag damit, daß der Paragraph 175 in der Fassung vom 28. Juli [sic!] 1935 nicht mit der Bundesverfassung zu vereinbaren sei, die gleiches Recht für Männer und Frauen vor dem Gesetz fordere.‘ Das Schöffengericht Braunschweig lehnte Bauers Antrag mit dem Argument ab, ’sämtliche Oberlandesgerichte hätten‘ den §175 StGB ‚in letzter Zeit als geltendes Recht anerkannt.‘
Aus London schrieb Kurt Hiller (1885-1972), schon seit der Weimarer Republik ein streitbarer Kämpfer für die Straflosigkeit von Homosexualität, einen enthusiastischen Brief an Bauer. Er hatte im Berliner ‚Tagesspiegel‘ die dpa-Meldung gelesen. Hiller rief Bauer sein ‚leidenschaftliches Bravo‘ zu und schloss mit den Worten: ‚Das Unrecht (…) überrascht mitnichten; überraschend vielmehr ist die Tatsache, dass es heute Generalstaatsanwälte I h r e r Haltung gibt. Dazu beglückwünschte ich Sie, ehrlich verehrter Mann, und dazu beglückwünsche ich unser Deutschland.‘ Hillers Brief hebt die Wichtigkeit hervor, die Bauers Antrag Anfang der 1950er Jahre beizumessen ist.“

In einer Zeit, wo die Bundesregierung eine neuerliche Asylverschärfung durch Einstufung als sichere Herkunftsstaaten von Ländern mit massiver LSBTIQ*-Verfolgung plant, wird bis heute teilweise immer noch tabuisiert, dass Fritz Bauer selbst als Flüchtling in Dänemark ab März 1936 von einer Auslieferung an Nazideutschland wegen seiner eigenen homosexuellen Kontakte bedroht war. Im bereits 2017 erschienenen Beitrag von Werner Renz „Wider die Sittenwächter: Fritz Bauers Kritik am überkommenen Sexualstrafrecht der 1950er und 1960er Jahre“ wird die gefährliche Situation vieler homosexueller Geflüchteter aus Nazideutschland am Beispiel von Fritz Bauers Leben deutlich:

„Verfolgung wegen Homosexualität hat Bauer am eigenen Leib erfahren. Kaum war er im März 1936 legal nach Dänemark gereist und im Glauben, frei von Nachstellungen und Gestapowillkür zu sein, wurde der politische Flüchtling von der Kopenhagener Polizei vorgeladen und verhört. (…) Der bis dato »ungekannte Ausländer«, wie es im Polizeibericht heißt, hatte in polizeibekannten Lokalen verkehrt und in seiner Wohnung sexuellen Umgang mit einem Mann gehabt. Bauer bestritt im Verhör die polizeilich notierten Beobachtungen nicht und gab auch an, wohl wissend, dass bezahlter Sex unter erwachsenen Männern auch in Dänemark strafbar war, seinem Sexualpartner für seine Dienste Geld gegeben zu haben. (…) Wie entwürdigend die Lage gleichwohl für ihn gewesen ist, zeigt die Tatsache, dass das sozialdemokratische Komitee, das politische Flüchtlinge wie Bauer unterstützte, von der Polizei informiert wurde. Gegenüber seinen offenbar beschränkten dänischen Genossen sah sich Bauer veranlasst (…) zu betonen, er werde sich fortan an die Gesetze des Landes halten. Bauers dänische Polizeiakte weist insgesamt 31 Einträge auf. Immer wieder wurde der Emigrant befragt, ob er weiterhin homosexuelle Kontakte pflege. Der zweifelsfrei gefährdete Bauer, dem eine Abschiebung nach Deutschland drohte, stellte seine Kontakte mutmaßlich ein. In den Jahren 1938 bis 1940 wiederholt von der Polizei auf den Sachverhalt angesprochen, beteuerte er seine Abstinenz.

Der Autor des Beitrags, Werner Renz, war seit der Gründung des Fritz Bauer Instituts im Jahr 1995 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts und Leiter des Archivs und der Bibliothek. Die Initiative Queer Nations hat anlässlich des 50. Todestags von Fritz Bauer Werner Renz Beitrag „Wider die Sittenwächter: Fritz Bauers Kritik am überkommenen Sexualstrafrecht der 1950er und 1960er Jahre“ als kostenlosen Download im Internet veröffentlicht (siehe hierzu auch das Jahrbuch Sexualitäten 2017). Der Beitrag ist eine würdevolle Aufarbeitung dieser oftmals totgeschwiegenen Seite des Nazi-Jägers Fritz Bauer und sehr lesenswert: HIER PDF DOWNLOADEN.

Im Beitrag „Fritz Bauer – Jurist, Jude, Remigrant und Generalstaatsanwalt“ von Karl-Heinz Steinle und Barbara Kettnaker im 2021 veröffentlichten Ausstellungskatalog „Queer durch Tübingen: Geschichten vom Leben, Lieben und Kämpfen“ heißt es:

„1936 folgte Fritz Bauer seiner Schwester Margot und ihrem Mann ins Exil nach Dänemark. Dort ging er im Juni 1943 mit der Kindergärtnerin und Genossin Anna Maria Petersen (1903-2002) eine Schutzheirat ein. Ob er dies tat, weil er in Gefahr stand, als Ausländer ausgewiesen zu werden, oder ob er damit den Verdacht der dänischen Fremdenpolizei, er pflege Umgang mit männlichen Prostituierten aus dem Weg räumen wollte, ist nicht bekannt. (…) Auch seine Homosexualität lebte Fritz Bauer nicht offen aus. (…) Bauers Zurückgezogenheit hatte sicherlich auch taktische Gründe. So vermied er nicht nur den Vorwurf, nur aus eigener Betroffenheit zu handeln, er schützte sich auch vor Erpressungen. Denn während Bauers gesamter Zeit als Landesgerichtsdirektor und Generalstaatsanwalt waren alle homosexuellen Handlungen noch unter Strafe gestellt.“

Unser Projekt „Der-Liebe-wegen“ (www.der-liebe-wegen.org) unterstützt die Unterschriftenliste „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer“ an die Stadt Stuttgart (1) und begrüßt es, dass die Stadt Stuttgart eine Gedenkstele für Fritz Bauer am 15. April 2024 einweihen wird. So heißt es in einer Mail vom Team der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur Stuttgart vom 2. April 2024: „Am 15. April weihen wir in Stuttgart-Nord eine Gedenkstele für Fritz Bauer ein. Der engagierte Streiter für die Aufarbeitung der NS-Verbrechen ist 1903 in Stuttgart geboren und verbrachte auch seine Kindheit und Jugend sowie seine ersten Berufsjahre hier. Dennoch ist Bauer im Stuttgarter Stadtbild bisher kaum präsent, was sich nun ändern soll. Die Einweihung der Stele findet am Montag, den 15. April ab 14:30 Uhr in der Wiederholdstraße (gegenüber von Haus Nr. 10) statt. Nach einem Grußwort des Ersten Bürgermeisters Fabian Mayer spricht Dr. Katharina Rauschenberger vom Frankfurter Fritz-Bauer-Institut. Außerdem gibt es einen Beitrag von Schüler*innen des „Ebelu“ (Eberhard-Ludwig-Gymnasium).“

Ralf Bogen

(1) Unterschriftenliste „Ehrenbürgerschaft für Fritz Bauer!“

2) Veranstaltung „120 Jahre Fritz Bauer – Antifaschist und streitbarer Demokrat aus Stuttgart“
Unser Projekt „Der-Liebe-wegen“ möchte auf die Veranstaltung „120 Jahre Fritz Bauer – Antifaschist und streitbarer Demokrat aus Stuttgart“ mit Vortrag von Dr. Katharina Rauschenberger (Fritz Bauer Institut, Frankfurt/Main) am 18. November 2023 um 18 Uhr im Forum 3 Theater, Gymnasiumstraße 21 in Stuttgart aufmerksam machen (siehe detaillierte Informationen hierzu auf dieser Webseite weiter unten sowie auch die Webseite der DGB-Region Stuttgart).

14. APRIL 2024: AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG „OPFER DER NS-MILITÄRJUSTIZ – HINRICHTUNGEN AUF DER DORNHALDE“

In der Geschichtswerkstatt Degerloch, Große Falterstraße 4, wird am Sonntag, den 14. April 2024 um 11 Uhr die Ausstellung „Opfer der NS-Militärjusitz – Hinrichtungen auf der Dornhalde“ eröffnet, die über die Lebensgeschichte einiger der bislang bekannten 31 Opfer berichtet.
Friedhofsführungen (Dauer ca. zwei Stunden) werden am 12. Mai 2024 und am 13. Juli 2024, jeweils um 11 Uhr, angeboten. Start ist am Haupteingang Dornhaldenfriedhof. Von dort geht es zur Stelle, wo der Maschinengewehr-Schießstand war, und dann weiter zum Waldfriedhof, wo 18 der Hinrichtungsopfer beerdigt sind.

Einer der Hingerichteten war der Schutzpolizist Josef Martus, der 1942 wegen seiner Homosexualität zum Tod verurteilt und auf der Dornhalde deswegen erschossen wurde. In 2017 hatten wir auf unserer digitalen Gedenkkarte über das Schicksal von Martus berichtet (siehe https://der-liebe-wegen.org/?profil=josef-martus). Zum damaligen Zeitpunkt war uns der Ort seiner Hinrichtung nicht bekannt. Dr. Betram Maurer, der Ansprechpartner der Ausstellung, hat hier weiter recherchiert und wichtige Dokumente aufgefunden, die nun in der Ausstellung gezeigt werden.

Die Ausstellung ist jeweils Sonntags von 11 bis 17 Uhr bis zum 28. Juli 2024 geöffnet. Mitveranstalter*innen der Ausstellung sind die Initiative Lern- und Gedenkort „Hotel Silber“ e. V. und Die AnStifter.

Dezember 2023: Erfreuliche Nachrichten über die iranische LGBT+-Aktivistin Sareh (Zahra Sedighi Hamedani)

Von „Der-Liebe-wegen“ hatten wir uns an der internationalen Kampagne zur Freilassung der LGBT*-Aktivistin Sareh beteiligt, die von einem Todesurteil im Iran bedroht war (siehe „Ausnahmsweise gute Nachrichten aus dem Iran“ sowie „Frauen – Leben – Freiheit: Rettet das Leben von Sareh und Elha“). Erfreuliche Nachrichten von 6Rang, die queeren Stimme des Irans, haben wir heute am 5. Dezember 2023 erhalten, die wir gerne veröffentlichen:

Die iranische LGBT+-Aktivistin Sareh (Zahra Sedighi Hamedani), die nach der Aufhebung ihres Todesurteils gegen eine hohe Kaution aus dem Gefängnis entlassen wurde, ist heute wohlbehalten in einem sicheren Land angekommen.

Sie dankt allen LGBT+-Aktivisten, die sie auf diesem schwierigen Weg in die Freiheit begleitet haben. Sie gratuliert der LGBT+-Community, den Aktivisten und der globalen Community, die die #FreeSareh-Kampagne unterstützt haben.

Zahra Sedighi Hamedani, 31, auch bekannt als Sareh, wurde im November 2021 vom Korps der iranischen Revolutionsgarden an der Grenze zu Urmia im Nordwesten des Iran festgenommen. Sie hatte sich in den sozialen Medien öffentlich für ihre sexuelle Identität eingesetzt. Sie wurde an den leitenden Ermittler der Abteilung 6 des Staats- und Revolutionsgerichts Urmia verwiesen, wo ihr schwere Vorwürfe der „Korruption auf der Erde“ vorgeworfen wurden, darunter „Förderung von Homosexualität“, „Kommunikation mit antiislamischen Netzwerken“ und „ Förderung des Christentums.“

Nach einer umfangreichen Kampagne von 6rang und mit Unterstützung der iranischen und globalen LGBT+-Gemeinschaft sowie der internationalen Gemeinschaft, darunter Politiker und Künstler, wurde das Todesurteil gegen Sareh aufgehoben und sie gegen Kaution freigelassen.

Sarehs Freiheit und Sicherheit sind ein bedeutender Sieg für die LGBT+-Bewegung im Iran. Dieser Sieg zeigt, dass wir uns niemals unmenschlichen Urteilen beugen und alle Anstrengungen unternehmen sollten, um der Verletzung unserer Rechte zu widerstehen. Unsere Stimme auf globaler Ebene laut zu erheben und internationale Menschenrechtsmechanismen zu nutzen, kann von Vorteil sein, um Druck auf die Islamische Republik auszuüben, ihre Verbrechen einzustellen.

Wir sind stolz darauf, dass alle Bemühungen der iranischen LGBT+-Gemeinschaft zusammen mit der Weltgemeinschaft das Ziel erreicht haben und Sareh nun mit ihren Kindern in einem freien und demokratischen Land leben kann.

6Rang, die queeren Stimme des Irans „fühlt sich von Euch wahrgenommen und das gibt uns Kraft“

Zu unserer Solidaritäts- und Spendenkampagne mit 6Rang (siehe hierzu unsere Erklärung „STOLZES ERGEBNIS DER SPENDEN- UND SOLIDARITÄTSKAMPAGNE FÜR 6RANG, DER „QUEEREN STIMME DES IRANS„, siehe betterplace) haben wir Post von 6Rang, der queeren Stimme des Irans, erhalten, die wir hier gerne veröffentlichen. Zu oben dargestellten Foto schreibt uns Shadi Amin, die Sprecherin von 6Rang:
„Im Auftrag von 6Rang, bedanke ich mich ganz herzlich bei „Just Human“ und Der Liebe Wegen für ihre solidarischen Aktionen. Wir haben gesehen wie Ihr Euch in Kälte und Hitze auf den Straßen verschiedener Städte engagiert und Eure Solidaritätkampagne mit iranischen LGBT+-Menschen durchgeführt habt.
Wir, Mitglieder von 6Rang, haben eure Spende für die LGBTI-Personen, die in Not waren und leider zum Teil noch sind, eingesetzt. Wir sagen danke bei allen Beteiligten und Spender:innen. 6Rang fühlt sich von Euch wahrgenommen und das gibt uns Kraft. Vielen Dank!

Herzliche Grüße, Shadi Amin“

Einem Jahr nach Mahsa Aminis Tod, in dem über 500 Menschen bei Demonstrationen von der Diktatur getötet wurden, hat die Protest- und Widerstandsbewegung neue Aktionsformen ausgewählt wie zum Beispiel den massenhaften Boykott der Moscheen, in denen Staatspropaganda verkündet wird. Wie isoliert diese Diktatur ist, zeigt, dass nach einem Bericht der iranischen Zeitung «Enthehab» mehr als zwei Drittel aller „Gotteshäuser“ geschlossen seien (siehe den Beitrag: „Leere Moscheen im Gotteststaat: Die nicht mehr ganz so Islamische Republik Iran)„.

Wie 6Rang und ihre Sprecherin Shadi Amin sich weiter für die LGBT*-Rechte im Iran einsetzen, dass wird auch im November-Newsletter von 6Rang deutlich, den wir hier in zwei kurzen Auszügen veröffentlichen:

Die Vereinten Nationen fordern Iran auf,
die Todesstrafe für gleichgeschlechtliches Verhalten aufzuheben
Der UN-Menschenrechtsausschuss empfahl der Islamischen Republik Iran in seinen Überlegungen zum vierten periodischen Bericht über die Islamische Republik Iran im Oktober nachdrücklich, einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Erwachsenen zu entkriminalisieren und sicherzustellen, dass auf solche Beziehungen nicht die Todesstrafe verhängt wird. Das Gremium, das die Umsetzung des Pakts (…) überwacht, kam zu dem Schluss, dass die Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft allein aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung oder ihrer einvernehmlichen sexuellen Aktivitäten inhaftiert und misshandelt werden (…). Vor dieser Überprüfung hat 6Rang einen Bericht über staatlich geförderte Diskriminierung und Gewalt aufgrund sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und -ausdrucks sowie einen weiteren Bericht über die geschlechtsspezifische Verfolgung von LGBTQI+-Demonstranten vorgelegt (…).
Internationale Gemeinschaft wird auf anhaltende Verletzungen der LGBTQI+-Rechte im Iran aufmerksam gemacht
Shadi Amin, Direktorin des 6rang-Netzwerks, hielt am 13. September eine Rede vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und wies auf staatliche Gewalt und Rechtsverletzungen gegen Frauen, Mädchen und die LGBTQI+-Gemeinschaft im Iran hin. Amin betonte das Fehlen von Gerechtigkeit für die Opfer des Jina Mahsa Amini-Aufstands und forderte internationale Institutionen auf, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Obwohl der Bericht in einem begrenzten Zeitrahmen erstellt wurde, enthielt er wichtige Einblicke in die Lage der Menschenrechte im Iran, die Amin in einer 90 Sekunden langen Präsentation auf der Generalversammlung des Rates in Genf hervorhob. (Sehen Sie sich hier das vollständige Video an)





August 2023: 3657 EURO – stolzes Ergebnis der Spenden- und Solidaritätskampagne für 6RANG, der „queeren Stimme des Irans“

Austausch über Unterdrückung von LGBT*-Personen in unserer Region während der NS- und Nachkriegs-Zeit sowie in Ländern wie dem Iran heute mit der iranischen LGBT*-Aktivistin Shadi Amin im Hotel Silber, dem ehemaligen Sitz der Gestapo am 29. Juli 2023 (siehe auch: betterplace.org/p120934).

Zum Abschluss der Spenden- und Solidaritätskampagne für 6Rang erklären das Projekt „Der-Liebe-wegen“ und just human:

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Shadi Amin, auf der CSD-Kundgebung von Stuttgart Pride am 29. Juli 2023

Wir vom Projekt „Der-Liebe-wegen“ und von just human freuen uns, dass bei unserer Spenden- und Solidaritätskampagne für 6Rang insgesamt 3657 Euro zusammen gekommen sind. Mit dieser Spende unterstützen wir die Arbeit des iranischen Netzwerks, die für das Motto steht: „Stoppt Hinrichtungen und jegliche Gewalt gegen LGBT*! Frau, Leben, Freiheit, einschließlich der Freiheit der LGBT*-Regenbogen-Community!“ Die Kampagne hatten wir am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, dem 17. Mai 2023, gestartet und schließen sie nun nach der Stuttgarter Pride CSD-Demonstration ab. Wir danken allen Spendenden und Unterstützenden, die zu diesem Erfolg beigetragen haben!

Höhepunkt unserer Kampagne war die Rede der Leiterin von 6Rang, Shadi Amin, auf der CSD-Kundgebung von Stuttgart Pride am 29. Juli 2023. Sie erinnerte daran, dass lesbische, schwule, bisexuelle und trans Personen im Iran jeden Tag ihr Leben riskieren. Sie machte deutlich, dass die iranische LGBTI*-Community eine klare und transparente Position der Bundesregierung fordert, „wenn es um (…) Verhaftung, Folter und Hinrichtungsurteile gegen LGBTI+-Personen im Iran geht.“ Als Deutsche würden wir diese Art der Unterdrückung aus der NS-Zeit kennen. So verwies sie auf das Hotel Silber, die ehemalige Zentrale der regonalen Gestapo, welches sie am Vormittag besucht hatte, um sich dort über Verfolgung von LGBTI*-Personen in Vergangenheit und heute auszutauschen. In ihrer Rede appellierte sie auch im Bezug auf Deutschland: „Ohne unser (…) solidarisches Handeln sind unsere Chancen sehr gering. Wir sind nicht umsonst so weit gekommen; diese Errungenschaften sind nicht selbstverständlich. Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen, um diese Rechte zu behalten und auszuweiten.“

Bei mehreren Veranstaltungen zur Kampagne wurde deutlich, dass die Jahrhunderte alten Vorurteile über eine angebliche Widernatürlichkeit gleichgeschlechtlicher Liebe und Sexualität sowie die angebliche Minderwertigkeit von Frauen, von inter- und transsexuellen Menschen weltweit millionenfaches Leid verursacht haben, egal ob wir in jüdisch, christlich oder moslemisch geprägten Gesellschaften aufgewachsen sind. Dazu beizutragen, dieses Leid endlich zu überwinden, war und ist eine wichtige Motivation für unser Arbeit vom Projekt „Der-Liebe-wegen“ (www.der-liebe-wegen.org) als auch von just human (www.just-human.de). Spenden für 6Rang können auch nach der Kampagne weiterhin auf das Konto von just human geleistet werden (Spendenkonto: DE89 3702 0500 0007 7692 00, bitte Spende mit Stichwort 6Rang versehen).

Projekt „Der-Liebe-wegen“ (www.der-liebe-wegen.org) und just human (www.just-human.de)

Führung „Schweigen zur Verfolgung von LGBT*: NICHT MIT UNS“ und Austausch im Hotel Silber über die Unterdrückung von LGBT*-Menschen während der NS- und Nachkriegszeit in Deutschland sowie heute in Ländern wie dem Iran am 29. Juli 2023 (Foto v. l. n. r.: Friedemann Rincke vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Shadi Amin von 6Rang und Ralf Bogen vom Projekt „Der-Liebe-wegen“)
Beteiligung an der Stuttgart Pride CSD-Demonstration von unserer Solidaritätskampage


Rede von Shadi Amin, Sprecherin von 6Rang, auf der CSD-Kundgebung von Stuttgart Pride am 29. Juli 2023:

Happy pride!

Ich bin Shadi Amin und komme aus dem Iran, wo gleichgeschlechtliche Beziehungen mit Strafen von Peitschenhieben bis zur Todesstrafe geahndet werden. LGBTI-Personen werden diskriminiert und marginalisiert. Doch heute bin ich stolz darauf, dass ich aus einem Land komme, in dem es in den letzten 10 Monaten gelungen ist, die Aufmerksamkeit und Empathie der ganzen Welt durch die Parole „Frau, Leben, Freiheit“ (Jen, Jiyan, Azadi) auf sich zu ziehen.

Ja, wir haben das Bild von Frauen und LGBT-Personen, die unter religiösen Diktaturen leben, grundlegend verändert und haben eine kämpferische und aktive Rolle als Opfer dieses homophoben und sexistisch-kapitalistischen Regimes übernommen. Mehr als 500 Menschen wurden ermordet, darunter 73 Kinder, und mehr als 22.000 Personen wurden verhaftet. Sie als Deutsche kennen diese Art der Unterdrückung; wir waren in Hotel Silber (Zentrale der Gestapo)ja, das sind die gleichen politischen Situation wie in den dreißiger Jahren und Jahrzehnten danach in Deutschland.

Aber das allein reicht nicht aus, damit die Welt die Gefahr des politischen Islams erkennt und sich aktiv für die Demokratie im Iran einsetzt. Leider ist diese Revolution noch nicht zum Ziel gelangt. Wir als LGBT+-Community haben es geschafft, unsere Forderungen in den Diskurs dieser Revolution einzubringen. Die lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans Personen im Iran riskieren jeden Tag ihr Leben, um eine Veränderung im Land herbeizuführen. Dieses mutige und hoffnungsvolle politische Engagement ist etwas, was wir nicht nur im Iran, sondern überall auf der Welt brauchen, um fundamentalistische, rassistische und rechtsradikale Kräfte bekämpfen zu können.

Wir sind heute hier, um unseren Willen für den Aufbau einer fortschrittlichen LGBT+-orientierten Politik zu äußern. Ohne unser Zusammenkommen und solidarisches Handeln sind unsere Chancen sehr gering. Wir sind nicht umsonst so weit gekommen; diese Errungenschaften sind nicht selbstverständlich. Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen, um diese Rechte zu behalten und auszuweiten.
Unsere Gegner warten nicht, sie organisieren sich und handeln. Wir können und müssen gezielt aktiv werden. Wir dürfen keine Zeit verlieren.

Die iranische LGBTI-Community fordert eine klare und transparente Position der Bundesregierung gegenüber der Islamischen Republik, wenn es um Hasskampagnen, Diskriminierung, Verfolgung, Verhaftung, Folter und Hinrichtungsurteile gegen LGBT+-Personen im Iran geht.

Heute und jetzt denken wir an alle Opfer unseres Kampfes, die ermordeten Jugendlichen auf den Straßen des Irans, unsere Freunde in  Polen, Saudi Arabia, Afghanistan, Russland, Uganda und überall auf der Welt.

Hoch die internationale Solidarität! Frau – Leben – Freiheit! Jen Jiyan Azadi!

Am Infostand der Weissenburg auf der CSD-Pride Hocketse: Informationen zur Verfolgung wegen gleichgeschlechtlicher Liebe und Sexualität in unserer Region während der NS-Zeit und heute in Ländern wie im Iran.
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Online-Veranstaltung „Schweigen zur Gewalt gegen LGBT? NICHT MIT UNS!“ mit Shadi Amin am 20. Juli 2023 von der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber und unserem Projekt „Der-Liebe-wegen“, unter anderem über ihre persönliche Entwicklung und Fluchtgeschichte, über ihr Coming Out sowie über die Arbeit von 6Rang und die politische Situation im Iran heute.

Juli 2023: Warum wir 6Rang, die „queere Stimme des Irans“, unterstützen: Schweigen zur Gewalt gegen LGBT*? NICHT MIT UNS!

Stimmen zur Spenden- und Solidaritätskampagne mit 6Rang auf betterplace.org/p120934.
Wir vom Kampagnenteam sagen ein HERZLICHES DANKESCHÖN an alle Spendende und Unterstützenden.

Veranstaltungen mit Shadi Amin, der Direktorin von 6Rang sind am Donnerstag, den 20. Juli und am Samstag, den 29. Juli 2023: siehe Veranstaltungsübersicht. Der Beitrag „Die queere Stimme des Irans“ im CSD-Programmheft 2023 von Stuttgart Pride kann online gelesen werden (siehe Seite 40).

Jetzt Spenden! Das Spendenformular wird von betterplace.org bereit gestellt.

Elke Banabak, Geschäftsführerin Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.:
„Im Iran sind derzeit LGBT* Menschen in akuter Lebensgefahr. Die Aktivist*innen von 6Rang machen mit hohem Einsatz sehr wichtige Aufklärungsarbeit über die Lebensrealität von LGBT*, es ist mir wichtig, sie dabei zu unterstützen. Das Thema geht alle an, denn es sollte in der heutigen Zeit längst selbstverständlich sein, dass die grundlegenden Menschenrechte ohne Ausnahme weltweit für alle gelten.“

Werner Biggel, Internetprojekt www.der-liebe-wegen.org, im Kampagnenteam:
„Mir ist es wichtig, dass die Unterdrückung und Peinigung der LGBT*-Menschen im Iran sichtbar gemacht und nicht länger hingenommen wird. Ich möchte dazu beitragen, dass die queere Stimme des Irans gehört und gestärkt wird.“

Florian Boesch, Aktivist der LGBT*-Geflüchtetenarbeit und der ASF (Amour sans Frontières):
„Ich unterstütze die Kampagne, weil ich internationale Solidarität in der queeren Community als wichtig und notwendig empfinde. Wir müssen uns gegenseitig empowern und einen Beitrag für eine tolerante und inklusive Zukunft leisten, nicht nur hierzulande. Die Inhaftierungen und Hinrichtungen im Iran sind eine humanitäre Tragödie, die mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit braucht.“ 

Ralf Bogen, Internetprojekt www.der-liebe-wegen.org, im Kampagnenteam:
„Die von 6Rang aufgezeigten staatlichen Folterpraktiken, von der Diktatur als ‚Therapie der Homosexualität‘ bezeichnet, sowie Hinrichtungen wegen ‚Förderung der Homosexualität‘ müssen stärker als bislang international geächtet werden. Die queere Stimme des Irans hat bereits heute eine befreiende Ausstrahlung auf alle Länder, wo LGBT*Menschen immer noch von staatlichen Stellen als ‚krank‘ und ‚pervers‘ diffamiert und unterdrückt werden. Stärken wir diese Stimme im Kampf für ein demokratisches und freies Iran und für die weltweite Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt!“

Uwe Bogen, Journalist und Buchautor:
„Auch im Iran sollte endlich die Regenbogenfahne wehen. Dies wird höchste Zeit! Menschenrechte dürfen nicht an Grenzen stoppen. Alle Menschen sollten lieben dürfen, wen sie wollen. Was bei uns selbstverständlich ist, kann in zu vielen Ländern immer noch eine Gefahr für Leib und Leben sein. Dies zu ändern sollte weltweit die Aufgabe von uns allen sein – und von der Politik, die wir gemeinsam unter Druck setzen müssen.“

Kerstin Bosse, Internetprojekt www.der-liebe-wegen.org, just human, im Kampagnenteam:
„Ich unterstütze den Kampf von 6Rang um gleiche Rechte von LGBT Menschen in der iranischen Gesellschaft, aber auch innerhalb der iranischen Protestbewegung gegen das Regime, weil Shadi Amin Recht hat, wenn sie sagt, „Man kann keine Blumen im Garten pflanzen und ihren Anblick genießen, wenn die andere Hälfte des Gartens schlammig ist.“ Schauen wir über unseren eigenen Tellerrand hinaus und erklären wir uns aktiv solidarisch mit dem Kampf der LGBT Community im Iran gegen Homo- und Transphobie.“

Oliver Hildenbrand, Grüne, Mitglied des Landtags:
„Jin, Jiyan, Azadî. Frau, Leben, Freiheit. Wir hören die mutigen Frauen und all die anderen Protestierenden, die im Iran für Demokratie und Menschenrechte auf die Straße gehen. Mir ist wichtig, dass wir auch die queeren Stimmen hören, die diese Freiheits- und Revolutionsbewegung ausmachen. Die brutale Gewalt und die furchtbaren Menschenrechtsverletzungen durch das menschenverachtende Mullah-Regime müssen gestoppt werden. Deshalb unterstütze ich die Kampagne.“

Laura Halding-Hoppenheit, Wirtin, LGBT*- und AIDS-Aktivistin sowie Kommunalpolitikerin der Linken in Stuttgart:
„Liebe ist kein Verbrechen. Stoppt die Todesstrafe im Iran!“

Ahvan Hosseinzade, Geflüchteter aus dem Iran, im Kampagnenteam:
„Menschen, deren Rechte sowie die Akzeptanz ihrer Vielfalt stehen ganz oben auf meiner Prioritätenliste, egal um welche Vielfaltsdimension es geht: von wo sie beispielsweise herkommen, welche Hautfarbe sie haben, an was sie glauben oder was für eine Sprache sie sprechen. 6Rang widmet sich den Menschen, die wegen ihrer geschlechtlichen Identität und/oder ihrer sexuellen Orientierung sowohl vom autoritären Regime als auch von der traditionellen Gesellschaft im Iran entrechtet, diffamiert, verurteilt oder sogar getötet werden. Das verdient genauso unsere Unterstützung!“

Sam Langeroudian, Geflüchteter aus dem Iran, Aktivist bei avaye Iranian Tübingen:
„Iran zählt zu den Ländern, in denen homosexuelles Begehren mit dem Tod bestraft werden kann. Stoppt alle Hinrichtungen im Iran!“

Brigitte Lösch, Stellvertretende Landtagspräsidentin a.D.:
„Ich unterstütze die Kampagne weil es mir wichtig ist weltweit für unsere Menschenrechte einzustehen, gegen Mennschenrechtsverletzungen zu kämpfen und unsere internationale Solidarität mit der queeren community zu zeigen!“

Thomas Ott, Buchladen Erlkönig (Copyright des Bildes: Wilhelm Betz):
„In Iran sehen wir, wozu Frauenfeindlichkeit und Homophobie führen können, wenn sie von einem verbrecherischen Regime zur „Staatsreligion“ gemacht werden: Hier wird nicht nur diskriminiert oder benachteiligt. Hier wird gefoltert, ermordet und vernichtet. Eine „community“ sollte sich immer ganz besonders solidarisch für diejenigen einsetzen, die die größte Unterdrückung und Bedrohung erfahren. Die Solidaritätskampagne von „Der Liebe wegen“ mit „6Rang“ ist eine solche Aktion und daher eine großartige Idee!“

Lena Raisdanai, Menschenrechtsaktivistin mit iranischem Migrationshintergrund aus Stuttgart, Aktivistin von Ayande Jugendinitiative
„Ich unterstütze die Kampagne für 6Rang, denn es ist wichtig auf die Situation im Iran aufmerksam zu machen: Der Slogan Frau, Leben, Freiheit steht für eine vielfältige Gesellschaft, die viele Jahre Unterdrückung, Vergewaltigung, Mord und Hinrichtung erlebt hat. Ein jeder Mensch hat das Recht so zu sein, wie er sein möchte und niemand darf in seiner Freiheit eingeschränkt werden!“ 

Martin Richter, Sprecherrat des Ak Asyl Stuttgart, Unterstützer und Helfer für LGBTIQ Refugees, ehrenamtlicher Mitarbeiter bei ASF (Amour sans Frontieres):
„Ich fordere weltweite Sanktionen gegen queerfeindliche Länder sowie Freiheit und Rechte für eine Liebe ohne Grenzen.“

Marion Römmele, Frauenberatung Fetz:
Was fürchten Diktatoren?
Freie Frauen – freie Liebe – selbstbestimmte Identität – Solidarität
Was lässt uns hoffen?
Freie Frauen – freie Liebe – selbstbestimmte Identität – Solidarität!
Ich freue mich, mit einer Spende an 6Rang einen kleinen Teil zu diesem Freiheitskampf beitragen zu können.“

Christel Stroh, Internetprojekt www.der-liebe-wegen.org, just human, im Kampagnenteam:
„Ich erkläre mich solidarisch mit dem Kampf von 6Rang, weil das unsagbare Leid unserer LGBT Mitmenschen im Iran, die ständige Bedrohung mit der Todesstrafe und der Druck zur zwangsweisen Geschlechtsangleichung ein Ende haben muss.“

Florian Wahl, SPD-Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Böblingen:
„Ich unterstütze die Kampagne, denn queere Rechte sind Menschenrechte! Meine Solidarität gilt den mutigen Aktivist:innen, die sich für queere Rechte in Iran einsetzen. Die Emanzipation und Gleichstellung von LSBTIQ-Personen kann nur international gedacht werden!“

Katja Walterscheid, Vorstand von just human e.V., im Kampagnenteam:
„Die queere Stimme des Iran darf nicht verstummen – denn die Welt muss wissen: Menschen werden mit dem Tode bedroht, weil sie lieben. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir sind solidarisch mit 6Rang, weil niemand frei sein kann, wenn auf der Welt Menschen unfrei leben müssen. Gemeinsam für Freiheit, Leben und Liebe!“

Solidaritätskampagne in Aktion:

20. Juli 2023: „Die neue Generation soll es besser haben als wir“
– Onlineveranstaltung mit Shadi Amin, Sprecherin von 6Rang

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Im Mittelpunkt der Kooperationsveranstaltung der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber und unseres Projekts „Der-Liebe-wegen“ stehen drei Fragestellungen: Wie war ihre persönliche Entwicklung hin zur lesbischen Aktivistin? Wie arbeitet 6Rang angesichts der aktuellen Situation im Iran? Wie sieht sie die Erinnerungs- und Menschenrechtsarbeit sowie die LGBT*-Bewegung hierzulande angesichts von Umfragen, wonach eine rechtspopulistische Partei bei über 20% steht?

16. Juli 2023: 5 Jahre Just human-Feier in Stuttgart
Bei der Feier heute konnten wir unsere Solidaritätskampagne vorstellen.

24. Juni 2023: CSD in Tübingen

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10. Juni 2023: CSD „Reutlingen ist bunt“

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Wir haben erst nach der CSD-Parade in Reutlingen mitbekommen, dass Nazis schon vor dem CSD in Reutlingen gegen den CSD mobilisiert und nach der CSD-Parade CSD-Teilnehmende provoziert und angegriffen haben (siehe https://www.queer.de/detail.php?article_id=45901 bzw. https://www.swr.de/…/erster-christopher-street-day-in… oder https://beobachternews.de/…/es-flogen-faeuste-stuehle…/ ). Das unterstreicht, wie wichtig unser Zusammenhalt gegen rechte Gewaltübergriffe und zur Verteidigung schutzbedürftiger Geflüchteter ist und dass es selbstzerstörerisch ist, jetzt in unseren CSD- und LGBT*-Reihen Zwietracht zu säen.

20. Mai 2023: „Frau, Leben, Freiheit“ – Kundgebung von Democracy4Iran
Videos von der Kundgebung – siehe https://www.instagram.com/p/Csd8wbOonNp/

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17. Mai 2023 am Stuttgarter Marktplatz: Start der Kampagne zum IDAHOBITA

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Am 17. Mai 2023, dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transsexualität, haben wir unsere Solidaritäts- und Spendenkampagne mit 6Rang, die „queere Stimme des Irans“ auf dem Marktplatz in Stuttgart gestartet. Hier wie auch am 20. Mai 2023 bei der Kundgebung „Frau – Leben – Freiheit“ von Democracy4Iran konnten wir unsere Kampagne vorstellen.

Wie wichtig diese ist, zeigt uns Ende Mai 2023 ein Schreiben von Shadi Amin, die Sprecherin von 6Rang. Sie informierte uns darüber, dass 6Rang der internationalen Öffentlichkeit den Bericht „Folter als Therapie: Massive Peinigung der LGBTQI-Community“ anlässlich des Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit vorgelegt hat, dem Aussagen von 210 Angehörigen der LGBTQI-Community in 25 iranischen Provinzen zugrunde liegen. 110 davon hätten drakonische „Therapiemethoden“ am eigenen Leib erlebt, fast die Hälfte davon sei minderjährig (!) gewesen. Ihnen werden demnach beispielsweise Psychopharmaka verabreicht, um ihre sexuelle Neigung zu „korrigieren“. Neun der von 6Rang Befragten sollen auch mit Elektroschocks „behandelt“ worden sein. Durch den Konsum von Pornographie (!) sollen ihre sexuellen Empfindungen „in die richtige Bahn“ gelenkt werden. Die drastischen Maßnahmen führen bei Betroffenen laut der 6Rang-Befragung unter anderem zu Depressionen, Selbstmordgedanken, Schlafstörungen, Gedächtnisverlust oder Stottern. 6Rang bittet um internationale Aufmerksamkeit, um diese Folterpraktiken bekannt zu machen und den politischen Druck auf die Islamische Republik zu erhöhen sowie Ärzt*innen und Psycholog*innen zum Handeln zu bewegen, Folter nicht länger als Therapie zur „Heilung (!) von Homosexualität“ im Iran zu praktizieren.

Solidarité avec 6Rang, la „Queer voice of Iran“

Merci à tous les sympathisants et à tous les dons sur betterplace.org/p120934 !

„Stop aux exécutions et à toutes les violences contre les LGBT* !
Femme, vie, liberté, y compris la liberté de la communauté LGBT* arc-en-ciel !“

C’est ce que défend le réseau iranien des lesbiennes et des transsexuels 6Rang https://6rang.org/english). Ce réseau défend les personnes LGBT* condamnées à mort, comme dans le cadre de la campagne internationale visant à lever la peine de mort prononcée à l’encontre des militantes LGBT* Elham Choubdar et Zahra Seddiqi Hamadani (https://action.allout.org/de/m/66561cda/). 6Rang a pu contribuer à l’inclusion des revendications de la communauté LGBT* dans la lutte pour un Iran libre et démocratique dans le document „Charte des revendications minimales des organisations syndicales et autres organisations de la société civile“ du 14 février 2023 (https://der-liebe-wegen.org/ausnahmsweise-gute-nachrichten-aus-dem-iran/).
En particulier, le réseau veut montrer la situation des lesbiennes et des personnes transgenres dans une société où la sexualité est généralement un tabou et où toute autodétermination des femmes est réprimée, y compris par des codes vestimentaires.

Nous pouvons aider !
Nous collectons des fonds pour soutenir les efforts de sensibilisation de 6Rang en Allemagne et ses services de conseil en ligne pour les personnes LGBT*. Nos campagnes de solidarité „For the sake of Love“ (www.der-liebe-wegen.org) et „Just Human“ (www.just-human.de) débutent le 17 mai 2023, Journée internationale contre l’homophobie et la transphobie, et se terminent le 5 août 2023, une semaine après la CSD Pride de Stuttgart. Elle représente la lutte pour un monde qui ne tolère plus les exécutions et toute autre forme de violence à l’encontre des LGBT* !

Veranstaltungsübersicht während der Solidaritätskampagne mit 6Rang

Veranstaltungen mit Beteiligung unserer
6Rang-Solidaritätskampagne

Mi 17.5.2023 Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie – Marktplatz Stuttgart
14 – 17 h: Infostände, Redebeiträge, Spielstation für Kinder, 17 – 18.30 h: Hauptkundgebung und Aktionen

Sa 10.6.2023, 14 h: CSD „Reutlingen ist BUNT“ –  Aufstellung am Hauptbahnhof Reutlingen

Sa 24.6.2023, 14 h: CSD Parade Tübingen – Uhlandstraße (vor dem Keplergymnasium)

So 16.7.2023, ab 14 h: Jubiläumsfest „5 Jahre just human“ – wir feiern und informieren unter anderem mit dem Beitrag: Gewalt gegen LGBT*  –  NICHT MIT UNS!“ 17.30 Uhr, Stuttgart, Württembergischer Kunstverein, Schlossplatz 2.

Do 20.7.2023, 19.30 h: Onlineveranstaltung „Schweigen zur Gewalt gegen LGBT*? NICHT MIT UNSmit Shadi Amin, Vorsitzende von 6Rang. Zur aktuellen Situation und zum Kampf für eine LGBT*-Lebensperspektive im Iran. Im Gespräch mit ihr werden Kerstin Bosse und Ralf Bogen Fragen zu drei Themenblöcken nachgehen:

  • Wie war ihre persönliche Entwicklung hin zur lesbischen Aktivistin? 
  • Wie arbeitet 6Rang angesichts der aktuellen Situation im Iran?
  • Wie sieht sie die Erinnerungs- und Menschenrechtsarbeit sowie die LGBT*-Bewegung hierzulande angesichts von Umfragen, wonach eine rechtspopulistische Partei bei über 20% steht

Eine Kooperationsveranstaltung der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber und „Der-Liebe-wegen“. Anmeldung zur Zoom-Konferenz unter: https://eveeno.com/237366880
Die Veranstaltung wird auch gestreamt auf dem Youtube-Kanal der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel und kann dort ohne Anmeldung angeschaut werden: https://www.youtube.com/@initiativelern-undgedenkor8536

Sa 29.7.2023, 10.30 h „Schweigen zur Verfolgung von LGBT*-Personen? NICHT MIT UNS“ – Führung durch die Dauerausstellung im Hotel Silber mit Ralf Bogen (Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e. V.) und Friedemann Rincke (Haus der Geschichte Baden-Württemberg) mit anschließendem Gespräch mit Shadi Amin (Geflüchtete aus dem Iran, Vorsitzende von 6Rang) über Gewalt gegen LGBT* heute am Beispiel des Irans, Dorotheenstraße 10, 70173 Stuttgart, in der Nähe der U-Bahnstation am Charlottenplatz. Wir bitten um Anmeldung bis zum 27. Juli unter veranstaltungen-hs@hdgbw.de.
Sa 29.7.2023, 15.30 h Stuttgart Pride – CSD-Demonstration (ab 12.30 h Aufstellung in der Rotebühlstraße, zwischen Schwab- und Senefelder Straße, stadteinwärts), um 15.30 Uhr Beginn der Demonstrationen.
Sa 29.7.2023, 18.30 h Stuttgart Pride – CSD-Kundgebung auf dem Schlossplatz, u. a. mit Shadi Amin, Vorsitzende von 6Rang. Danach Treffen und Gesprächsmöglichkeit mit Shadi Amin am Infostand von just human.

So 30.7.2023, Stuttgart Pride – CSD-Straßenfest (Hocketse) – Markt- und Schillerplatz Stuttgart
Aktuelle Infos an den Infoständen von Weissenburg LSBTTIQ-Zentrum und just human.
Wer unsere Solidaritätskampagne unterstützen möchte: kontakt@der-liebe-wegen.org

Solidarity with 6Rang, the „Queer voice of Iran“

Thanks to all supporters and for all donations at betterplace.org/p120934! 

„Stop executions and all violence against LGBT*!
Woman, life, freedom, including the freedom of the LGBT* rainbow community!“
That’s what the Iranian Lesbian and Transgender Network 6Rang (https://6rang.org/english) stands for. The network advocates for LGBT* people facing death sentences, as in the international campaign to lift the death penalty against LGBT* activists Elham Choubdar and Zahra Seddiqi Hamadani (https://action.allout.org/de/m/66561cda/). 6Rang was able to contribute to the inclusion of the demands of the LGBT* community in the struggle for a free and democratic Iran in the document „Charter of Minimum Demands of Trade Union and Other Civil Society Organizations“ of February 14, 2023 (https://der-liebe-wegen.org/ausnahmsweise-gute-nachrichten-aus-dem-iran/).
In particular, the network wants to show the situation of lesbians and transgender persons in a society where sexuality is generally a taboo and where any self-determination of women is suppressed, including through dress codes.

We can help!
We are raising funds to support 6Rang’s outreach efforts in Germany and their in-person online counseling for LGBT* individuals. Our solidarity campaigns „For the sake of Love“ (www.der-liebe-wegen.org) and „Just Human“ (www.just-human.de) begins on the International Day against Homophobia and Transphobia on May 17, 2023 and ends on August 5, 2023 one week after the CSD Pride in Stuttgart. It stands for the fight for a world that no longer tolerates executions and any other form of violence against LGBT*! 

Solidaritätskampagne mit 6Rang: Übersetzung auf Arabisch

Danke an alle Unterstützende und für alle Spenden auf betterplace.org/p120934!

عنوان الحملة:

 التضامن مع شبكة شيشرانج ، صوت مثليي إيران 

مشكلة:

أوقفوا الإعدام وأي عنف ضد مجتمع الميم!

المرأة والحياة والحرية ، بما في ذلك الحرية لمجتمع قوس قزح „LGBT“.

هذه هي المطالب التي تطرحها شبكة Sheshrang لشعب إيران والمتحولين جنسياً وتسعى جاهدة لتحقيق هذه الحقوق ، وهذه الأنشطة تستحق دعمنا.

 وصف الحملة:

 أوقفوا الإعدام وأي عنف ضد مجتمع الميم!

 المرأة والحياة والحرية ، بما في ذلك حرية مجتمع LGBT في إيران.(https://6rang.org/english

 منظمة دعم LGBT.

 تدعم هذه الشبكة الأشخاص المثليين المعرضين لخطر التنفيذ ، على سبيل المثال الحملة العالمية

„إجراء إلغاء فوري لحكم الإعدام“

ضد ناشطة مجتمع المثليين ، زهرة صديقي

 الإبراهيمي والمثليين إلهام شبدار

 (https://action.allout.org/de/m/66561cda/).

 إلى جانب آخرين ، تمكن شيشرانج من تضمين بعض مطالب مجتمع المثليين في النضال من أجل إيران حرة وديمقراطية في وثيقة „الحد الأدنى من مطالب النقابات العمالية ومنظمات المجتمع المدني الأخرى“ بتاريخ 14 فبراير 2023.

(https://der-love-because.org/exceptively-good-news-from-dem-iran/).

  تريد هذه الشبكة بشكل خاص تسليط الضوء على الوضع الصعب للمثليين جنسياً والأشخاص المثليين في المجتمع الإيراني ، حيث تعد الحياة الجنسية من المحرمات عمومًا وأي حق في تقرير المصير للنساء يُسلب منهن ، بما في ذلك إجبارهن على ارتداء الحجاب.

  نستطيع المساعدة!

نقوم بجمع الأموال لدعم العمل الإنساني والاستشارات الخاصة عبر الإنترنت التي تقدمها 6Rang للأشخاص في مجتمع LGBT.

 حملتنا الداعمة من الشبكة

„بسبب الحب“     Der Liebe wegen

 عنوان الموقع (www.der-liebe wegen.org)

والتنظيم

„البشر فقط“  Just human 

عنوان الموقع؛ (www.just-human.de)

 سيبدأ اليوم العالمي لمناهضة رهاب المثلية الجنسية ورهاب المتحولين جنسياً في 17 مايو 2023 ، وبعد أيام قليلة موكب الشرف CSD Pride ينتهي في 31.07.2023 في شتوتغارت.

 هذه حملة للنضال من أجل عالم خالٍ من الإعدام وأي عنف ضد المثليين.

Solidaritätskampagne mit 6Rang: Übersetzung auf Türkisch

Danke an alle Unterstützende und für alle Spenden auf betterplace.org/p120934!

Kampanya başlığı:

İran’ın queer halkının sesi Sheshrang örgütüyle dayanışma

Konus:

İnfazları ve LGBT kişilere yönelik tüm şiddeti durdurun.

Kadın, yaşam, özgürlük ve LGBT bireyler için özgürlük.

6Rang Network’ün İran halkı ve trans bireyler için öne sürdüğü ve bu hakları yerine getirmek için çabaladığı talepler bunlardır ve bu faaliyetler desteğimizi hak etmektedir.

Kampanya açıklaması:

LGBT’lere yönelik infazlara ve her türlü şiddete son!

Kadın, yaşam, özgürlük ve LGBT bireyler için özgürlük.

 (https://6rang.org/english)

 LGBT destek kuruluşu.

Bu ağ, infaz riski altında olan queer insanları destekliyor, örneğin küresel kampanya

 „İdam cezasının derhal iptali için eylem“

 LGBT topluluğunun bir aktivisti olan Zohre Sedighi Ebrahimi,ye karşı ve  Elham Chobdar, İran’ın LGBT ailesinin bir üyesi

   (https://action.allout.org/de/m/66561cda/).

6Rang, diğerleriyle birlikte, 14 Şubat 2023 tarihli „İşçi Sendikaları ve Diğer Sivil Toplum Kuruluşlarının Asgari Talepleri“ belgesinde özgür ve demokratik bir İran mücadelesinde LGBT topluluğunun bazı taleplerine yer verebildi.

  (https://der-love-because.org/exceptionally-good-news-from-dem-iran/).

Ağ özellikle, cinselliğin genellikle tabu olduğu ve kadınların kendi kaderini tayin hakkının hükümet ve toplum tarafından sistematik olarak reddedildiği İran toplumundaki gey ve lezbiyenlerin kötü durumuna ışık tutmayı amaçlıyor.

Yardımcı olabiliriz

6Rang’ın LGBT* kişilere yönelik halkla ilişkiler ve kişisel çevrimiçi danışmanlığını desteklemek için fon topluyoruz. 

 Ağdan destek kampanyamız

„Aşk yüzünden“  Der Liebe wegen

 site adresi;  (www.der-liebe wegen.org)

ve

 organizasyon  „Just human“  sadece insan

 site adresi;  (www.just-human.de)

Uluslararası Homofobi ve Transfobi Karşıtı Gün, 17 Mayıs 2023’te ve birkaç gün sonra başlayacak  CSD’nin Onuru onur geçidi 31.07.2023’te Stuttgart’ta sona eriyor.

 Bu, infazların ve LGBT kişilere yönelik şiddetin olmadığı bir dünya için mücadele etme kampanyasıdır.

Solidaritätskampagne mit 6Rang: Übersetzung auf Kurdisch

گەلێک سپاس بۆ کۆمەکەکانتان

betterplace.org/p120934

کەمپەین؛

هاوپشتی و هاوکاری رێکخڕاوی شەشرەنگ دەنگی کۆمەڵگەی پەلکەزێرینەی ئیران”LGBT ”کۆمەڵگەی

بابەت؛

لەسێدارەدان و هەر جۆر توندوتیژییەک بەرامبەر بە کەسانی ئێڵ جی بی تی ڕابگرن.

ژن، ژیان، ئازادی، هەروەها ئازادی بۆ کۆمەڵگەی پەلکەزێرینەی ئیران

 ئەمانە ئەو داواکاریانەن کە رێکخراوی شەشرەنگ بۆ خەڵکی ئێران و کەسانی ڕەگەزگۆڕاو و هاوڕەگەزخۆاز دەیخاتە ڕوو و هەوڵی بەدیهێنانی ئەو مافانە دەدات

ئەم چالاکییانە شایەنی پشتیوانی ئێمەن

شیکردنەۆەی کەمپەین؛

لەسێدارەدان و هەر جۆرە توندوتیژییەک بەرامبەر بە کەسانی ئێڵ جی بی تی ڕابگرن

  ژن، ژیان، ئازادی، لەوانەش ئازادی بۆ کۆمەڵگەی پەڵکەزێرینەی ئێران

ڕێکخراوی پشتیوانی کۆمەڵگەی  پەلکەزێرینە.

https://6rang.org

 ئەم ڕێکخراوە پشتگیری لە کەسایەتیەکانی کۆمەڵگەی  پەلکەزێرینە دەکات کە مەترسی لەسێدارەدانیان لەسەرە، بۆ نموونە هەڵمەتی جیهانی

 „کارکردن بۆ هەڵوەشاندنەوەی دەستبەجێ سزای لەسێدارەدان“

دژی چالاکوانێکی کۆمەڵگەی ئێڵ جی بی تی، زۆهرە سێدیقی ئیبراهیمی و هاوڕەگەزخۆاز ئێلهام چۆبدار

هەژماری بابەتەکە لە اینترنێت

  (http://action.allout.org/de/m66561cda/).

 شەشرەنگ لەگەڵ کەسانی تردا توانی هەندێک داواکاری کۆمەڵگای ئێڵ جی بی تی لە خەبات بۆ ئێرانێکی ئازاد و دێموکرات لە بەڵگەنامەی „کەمترین داواکاری سەندیکاکانی کرێکاران و ڕێکخراوەکانی تری کۆمەڵگەی مەدەنی“ لە بەرواری ١٤ی فۆریە ٢٠٢٣دا داخڵ بکات.

(https://der-love-because.org/exceptionally-good-news-from-dem-iran/)

  ئەم ڕیێکخراوە بە تایبەتی دەیەوێت ڕۆشنایی بخاتە سەر بارودۆخی سەختی هاوڕەگەزخوازان و کەسانی کۆمەڵگەی پەلکەزێرینە لە کۆمەڵگای ئێراندا کە سێکس به گشتی تابۆیە و هەروەها هەر مافێکی چارەنووسی ژنان لێیان دەسەندرێتەوە،لەوانەش وەکوو حیجابی داسەپێنڕاو

 چۆن دەتوانین یارمەتیدەر بین

ئێمە پارە کۆدەکەینەوە بۆ پشتگیریکردنی کارە مرۆییەکان و ڕاوێژکارییە تایبەتەکانی ئۆنلاین کە لەلایەن رێکخراوی شەشرەنگەوە پێشکەش بە کەسانی کۆمەڵگەی پەلکەزێرینە دەکرێت.

 هەڵمەتی پشتیوانی لە لاێەن رێکخراوی

Der Liebe wegen   „بەهۆی خۆشەویستییەوە”

 ناونیشانی ماڵپەڕەکە؛ (www.der-liebe wegen.org)

 و ڕێکخراوی  Just human „تەنها مرۆڤ“

ناونیشانی ماڵپەڕەکە؛          (www.just-human.de)

 له ڕۆژی جیهانی دژ بە هۆمۆفۆبیا و ترانسفۆبیا لە ١٧ی مەی ٢٠٢٣ دەس پێ دەکات و چەند ڕۆژێک دوای« CSD Pride »نمائیشی شەرەف لە 31.07.2023 لە شاری شتوتگارت کۆتایی دێت.

 ئەمە کەمپەینێکە بۆ خەباتکردن بۆ جیهانێک بەبێ لەسێدارەدان و هیچ توندوتیژییەک بەرامبەر بە کەسانی کۆمەڵگەی پەلکەزێرینە”LGBT”یە.

Solidaritätskampagne mit 6Rang: Übersetzung auf Persisch

سپاس از حمایت مالی شما  

betterplace.org/p120934

عنوان کمپین:

 همبستگی با شبکه شش­رنگ، صدای جامعه کوییر ایران

 موضوع:

 اعدام و هرگونه خشونت علیه افراد ال­جی­بی­تی+ را متوقف کنید!

زن، زندگی، آزادی، همراه با آزادی برای جامعه رنگین کمانی

اینها خواسته­هایی است که شبکه شش­رنگ (شبکه لزبین­ها و ترنسجندرهای ایرانی) برای مردم ایران و جامعه کوییر مطرح و برای برآورده شدن این حقوق تلاش می کند که مجموعه این فعالیت ها شایسته حمایت ماست.

 شرح کمپین:

 اعدام و هرگونه خشونت علیه افراد ال­جی­بی­تی+ را متوقف کنید!

 (https://6rang.org)

شش­رنگ در حمایت از حقوق جامعه ال­جی­بی­تی+ و علیه تبعیض اجتماعی و برای رفع جرم­انگاری رابطه همجنسخواهانه و مقابله با خشونت و نفرت­پراکنی دولتی و برای حمایت از کسانی که در معرض خطر اعدام هستند تلاش می‌کند، برای مثال کمپین جهانی „اقدام برای لغو فوری حکم اعدام“  بر علیه زهرا صدیقی همدانی (ساره) و الهام چوبدار، دو عضو جامعه ال­جی­بی­تی که توانست مانع از اجرای این حکم شود.

 (https://action.allout.org/de/m/66561cda/).

شش­رنگ به همراه دیگر فعالین این حوزه توانست با ایجاد گفتمان وسیع در دفاع از حقوق این جامعه، برخی مطالبات جامعه ال­جی­بی­تی+ در مبارزه برای یک ایران آزاد و دموکراتیک را در سند «منشور مطالبات حداقلی اتحادیه های کارگری و سایر سازمان های جامعه مدنی» مورخ 14 فوریه 2023  بگنجاند.

 (https://der- love-because.org/exceptionally-good-news-from-dem-iran/)

 شبکه شش­رنگ به ویژه می‌خواهد به وضعیت دشوار همجنس‌گرایان و افراد ترنس در جامعه‌ی ایران که در آن هر گونه گرایش جنسی غیردگرجنس­گرایی  تابو است و هویت جنسیتی متفاوت مورد تبعیض قرار می­گیرد و هرگونه حق تعیین سرنوشت زنان، از جمله از طریق اجبار به حجاب، از آنان گرفته میشود، نور بتاباند.

 ما می توانیم کمک کنیم!

 ما برای حمایت از کار های انسان دوستانه و مشاوره های روانشناسی آنلاین که توسط شش­رنگ برای افراد جامعه رنگین کمانی فراهم شده است، در حال جمع آوری کمک مالی هستیم.

کمپین حمایتی ما از طرف شبکه «به خاطرعشق» Der Liebe wegen

آدرس سایت؛ (www.der-liebe wegen.org)

و سازمان „فقط انسان“ Just human

آدرس سایت؛ (www.just-human.de)

در روز جهانی مبارزه با همجنس گرا – و ترنس ستیزی، در 17 ماه می 2023 آغاز می شود و یک هفته پس از

رژه افتخار، در روز 05.08.2023 در اشتوتگارت پایان می­یابد.

هدف این کارزار مبارزه برای جهانی است که در آن از اعدام و خشونت علیه جامعه ال­جی­بی­تی+ اثری نباشد.

17.5.2023: Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie: Schweigen zur Gewalt gegen LSBTIQA? NICHT MIT UNS!

Zum Start unserer Solidaritäts- und Spendenkampagne mit 6Rang, der „queeren Stimme des Irans“ am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, möchten wir auf weitere Beispiele von LGBT*-Organisationen in Süd- und Westasien sowie Nordafrika aufmerksam machen sowie den Aufruf Stuttgarter LGBT*-Organisationen zum Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie veröffentlichen:

Beispiele von LGBT*-Organisation in Süd- und Westasien sowie Nordafrika

Wenn wir hier auf Webseiten von LGBT*-Selbstorganisationen der SWANA-Region hinweisen (SWANA ist ein antikolonialistischer Begriff für die Region Süd- und Westasien und Nordafrika, die sonst oft ,Naher Osten‘ oder ,Mittlerer Osten‘ genannt wird. Letztere Begriffe denken Europa als Zentrum, beinhalten also eine koloniale bzw. neokoloniale Vorstellung von Geografie), so wollen wir vorweg ebenso darauf aufmerksam machen, dass Polizeistellen in Ländern wie Ägypten mit gefälschte Facebook-Konten, Fake-Profile auf Dating-Apps gegen LGBT*-Personen vorgehen.
Die digitalen Plattformen hätten LGBT*-Personen zwar „ermöglicht, sich selbst auszudrücken und ihren Stimmen dadurch mehr Gehör verschafft“, so Rasha Younes, leitende Forscherin für LGBT*-Rechte bei Human Right Watch. Das ist nicht gerade unwichtig in einem Umfeld, in dem Homosexualität oft gesellschaftlich tabuisiert wird und teilweise sogar bis heute als Krankheit gilt. Doch dadurch, dass auch sogenannte „Sicherheits“-kräfte anonym auf diesen Plattformen unterwegs sind, seien diese „zugleich (…) auch zu Instrumenten staatlich geförderter Unterdrückung geworden“ (Quelle: https://www.dw.com/de/lgbtq-in-%C3%A4gypten-staatliche-verfolgung-%C3%BCber-dating-apps/a-65214584).


Helem ist die erste LGBTQIA+-Organisation in der arabischen Welt, die 2001 offiziell in Beirut, Libanon, gegründet wurde.

Rasan wurde 2004 in Sulaimaniyya, Region Kurdistan, im Irak gegründet und setzt sich für die Verteidigung von Frauen- und LGBTQI-Rechten sowie gegen weibliche Genitalverstümmelung, Kinderheirat und häusliche Gewalt ein.

Al Qaws (deutsche Übersetzung: „Der Regenbogen“) wurde offiziell 2007 gegründet und setzt sich für sexuelle und geschlechtsspezifische Vielfalt in der palästinensischen Gesellschaft, insbesondere in Haifa, Ostjerusalem, Jaffa und Ramallah ein.

Guardians of Equality Movement (GEM) ist eine am 14. September 2021 gegründete Organisation mit Sitz in Genf (Schweiz), die sich dafür einsetzt, das Leben syrischer LGBTQIA+-Menschen zu verbessern, die in Syrien und in der gesamten syrischen Diaspora weltweit Diskriminierung/Missbrauch aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität erleben. 


Aufruf Stuttgarter LGBT*-Organisationen zum Internationalen Tag gegen LSBTIQA-Feindlichkeit in 2023:

Die Gewalt gegen queere Menschen nimmt rasant zu: Die Statistiken des Bundesinnenministeriums zeigen einen seit Jahren anhaltenden Anstieg bei der Anzeige queerfeindlicher Gewalt. Kaum ein CSD im letzten Jahr verlief ohne Gewalt durch Angriffe auf Teilnehmende, Regenbogenfahnen wurden verbrannt und in Münster erlag Malte C. den Folgen eines brutalen Angriffes beim CSD.

In den USA gab es in den letzten Monaten über 300 queerfeindliche Gesetzesinitiativen. In Ländern wie dem Iran wird die Todesstrafe wegen Homosexualität noch heute praktiziert und soll in Uganda eingeführt werden. Auch in einigen unserer Nachbarländern nimmt die Gewalt gegen queere Menschen weiter zu. Queere Menschen erfahren nicht nur physische Gewalt – tägliche Diskriminierung, Beleidigung, abschätzige Blicke und mangelnde soziale Teilhabe sind ebenso an der Tagesordnung, insbesondere, wenn mehrere Diskriminierungsebenen zusammenkommen. Europa, sind das die „Werte“, derer Du Dich immer so gerne rühmst?

Wir protestieren!
Wir protestieren gegen die Gewalt, die wir jeden Tag erfahren. Wir protestieren gegen Kräfte, die unsere Freiheit einschränken wollen, uns beleidigen und angreifen. Wir protestieren gegen ein System der Unterdrückung und Normierung, gegen Ungleichheit und Ausgrenzung.
Wir protestieren für die Anerkennung von LSBTIQA-Geflüchteten! Wir protestieren aber auch FÜR ein Selbstbestimmungsgesetz und die Erweiterung des Grundgesetzes Artikel 3, Absatz 3! Wir protestieren FÜR Sichtbarkeit und Sicherheit! Wir protestieren FÜR bessere Bildung und besseren Schutz!

Kommt und werdet an diesem wichtigen internationalen Protesttag mit uns laut!
Schweigen zur Gewalt gegen LSBTIQA? Nicht mit uns!

März 2023: Solidarität zeigt Wirkung: die Todesurteile gegenüber den LGBT*-Aktivistinnen Elham und Sareh sind vorläufig ausgesetzt

Wir freuen uns mit 6Rang (Irianan Lesbian and Transgender Network) über den wichtigen Erfolg der internationalen Kampagne #FreeElham und #FreeSareh, die Ende letzten Jahres für ihr LGBT*-Engagement ein Todesurteil im Iran erhalten hatten:
Elham Choubdar wurde gegen Kaution aus dem Urmia-Gefängnis entlassen“ gibt 6Rang auf ihrer Webseite www.6rang.org seit dem 13. März 2023 bekannt. Und: „Zahra (Sareh) Sedighi Hamedani wird nach Zahlung ihrer Kaution in Höhe von 45.000 Dollar aus dem Urmia-Gefängnis entlassen“ heißt es dort seit dem 18. März 2023 (siehe auch die letzte Aktualisierung der Webseite der internationalen Online-Solidaritäts- und Unterschriftenkampagne „Iran: Rettet das Leben von Sareh und Elham“ vom 20.3.2023, wo es heißt: „Sareh und Elham sind gegen eine Kaution aus dem Gefängnis entlassen worden. Am 12. April soll für beide Frauen eine gerichtliche Anhörung stattfinden. Deshalb müssen wir den Druck aufrechterhalten. Unterschreibe jetzt, um die Freilassung von Elham und Sareh zu fordern.“)

6Rang: Wir verdanken diese gute Nachricht der internationalen Unterstützung“
6Rang schreibt weiter: „6Rang, die iranische LGBTQ+-Community, iranische und internationale Menschenrechtsorganisationen, Aktivisten auf der ganzen Welt und viele andere haben sich monatelang für die Freilassung von Sareh und Elham eingesetzt. Durch Sensibilisierung und Unterstützung wurden ihre Todesurteile aufgehoben und sie freigelassen. Wir verdanken diese gute Nachricht der internationalen Unterstützung (…)“. Die Todesurteile sind allerdings nur vorläufig ausgesetzt, nicht aufgehoben worden. Im April 2023 sollen die Verhandlungen weitergehen, denen nach wie vor „Verderbtheit“ und „Förderung der Homosexualität“ vorgeworfen wird.

Breite Unterstützung der Charta der Mindestforderungen und solidarisch für LGBTQIA-Anliegen
6Rang berichtet darüber hinaus von der iranischen Protest- und Widerstandsbewegung (siehe https://6rang.org/74060/): Mehrere iranische Gewerkschaften, Frauenorganisationen, Menschenrechtsgruppen und Studierende-Vereinigungen (konkrete Auflistung siehe Fußnote 1) haben sich auf das Dokument „Charta der Mindestforderungen der unabhängigen gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Origanisationen: Dem rechtschaffenen und freiheitsliebenden Volk Irans“ vom 14. Februar 2023 verständigt und darin auch die Forderungen der LGBT*-Community aufgenommen. Dort heißt es: „Sofortige Gleichstellung von Frauen und Männern in allen politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und familiären Bereichen; Bedingungs- und ersatzlose Aufhebung aller Gesetze und Formen von Diskriminierung gegen diverse Geschlechtsidentitäten; bedingungslose Anerkennung einer Regenbogengesellschaft LGBTQIA; Entkriminalisierung der Geschlechterdiversität; Anerkennung aller Rechte von Frauen auf ihren Körper und auf ihr Schicksal; Sanktionierung der patriarchalen Kontrolle und Gewalt über Frauen.“

Zur politische Relevanz der Charta der Mindestforderungen
Die politische Relevanz zeigt sich darin, dass gewerkschaftliche Organisation über ihre ökonomichen und betriebsbedingten Forderungen hinaus politische Forderungen aufstellen und dass die Verwirklichung dieser Forderungen mit dem Fortbestand der bestehenden Machtverhältnisse im Iran als nicht vereinbar eingeschätzt wird. Darüber hinaus grenzen sich die Unterzeichner:innen von den rechten monarchistischen Kräfte ab, die unter liberalen Parolen das Schah-Regime wieder herstellen wollen.

„Wir (…) halten an der Einheit und der Geschlossenheit der sozialen Bewegungen fest“
Weiter heißt es in diesem wichtigen Dokument: „Wir, die gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen als Unterzeichner:innen dieser Charta, halten an der Einheit und der Geschlossenheit der sozialen Bewegungen fest und legen den Fokus auf die Kämpfe zur Beendigung dieser menschenfeindlichen und zerstörerischen Zustände. Wir sind der Auffassung, dass die Verwirklichung der folgenden Mindestforderungen der einzige Weg zur Errichtung einer neuen, modernen und menschlichen Gesellschaft in unserem Land ist. (…) Die in dieser Charta formulierten Forderungen präsentieren einen allgemeinen Rahmen als Ausgangspunkt. Selbstverständlich werden wir diese Forderungen im weiteren Verlauf der Kämpfe und der solidarischen Zusammenarbeit noch konkreter und präziser fassen.“ (das gesamte Dokument ist auf deutsch hier zu lesen: https://express-afp.info/charta_iran#_ftn1).

(1) Dieses Dokument vom 14. Februar 2023 wurde unter anderm unterzeichnet vom:

  • Koordinationsrat gewerkschaftlicher Organisationen der Lehrer:innen
  • Freie Gewerkschaft der Arbeiter:innen Irans
  • Union studentischer Organisationen (Vereinigte Studierende)
  • Verein der Verteidiger:innen von Menschenrechten
  • Syndikat der Arbeiter:innen der Zuckerrohrfabrik von Haft-Tapeh
  • Rat für die Organisierung der Proteste von Werkarbeiter:innen in der Erdölindustrie
  • Haus der Lehrer:innen
  • Erwachte Frauen
  • Stimme der Frauen Irans
  • Unabhängige Stimme der Arbeiter:innen der nationalen Stahlindustrie von (Stadt) Ahwaz
  • Verein der Verteidiger:innen der Arbeiter:innenrechte
  • Gewerkschaftsverein der Metall- und Elektrizitätsarbeiter:innen von (Stadt) Kermanschah
  • Koordinationskomitee zur Unterstützung für den Aufbau der Arbeiter:innenorganisationen
  • Vereinigung der Rentner:innen
  • Rat der Rentner:innen Irans
  • Organisation progressiver Studierender
  • Rat freidenkender Schüler:innen Irans
  • Syndikat der Maler:innen der Provinz Alborz
  • Komitee zum Aufbau der Arbeiter:innenorganisationen
  • Rat der Rentner:innen in Organisation sozialer Sicherung

27.1.2023: Bewegende Gedenkstunde an die queeren NS-Opfer

Was für ein Tag heute – eine sehr bewegende Gedenkstunde im Deutschen Bundestag.

78 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee hatte heute der Deutsche Bundestag erstmals die queeren NS-Opfer in den Mittelpunkt seine Gedenkens gestellt. Die Gedenkstunde kann über folgenden Link angeschaut werden: Videos der Gedenkstunde auf bundestag.de.

„Es ist nicht in Worte zu fassen, was das für mich bedeutet. An so einem Tag stellvertretend für eine verfolgte Minderheit einem homosexuellen Opfer eine Stimme zu geben, ist wahnsinnig berührend. Als ich meinem Vater davon erzählte, hat er am Telefon geweint“, so Jannik Schümann, 30, der bei der Gedenkstunde Karl Gorath seine Stimme verlieh. Gorath war wegen seines Schwulseins ins Konzentrationslager Auschwitz gesperrt worden (siehe Foto oben). Er entkam dem KZ schwer krank. Zwei Jahre nach der Befreiung vom Faschismus wurde er von demselben Nazi-Richter erneut wegen seiner Homosexualität verurteilt.

Die digitale Gedenkkarte unseres Onlineprojekts „Der-Liebe-wegen“ zeigt, dass es keine von der Verfolgung unberührte Region des heutigen Baden-Württemberg gab:

In ihr sind folgende 75 Männer mit Bezug zu Baden und Württemberg aufgeführt, die das KZ-System nicht überlebt haben (siehe Biografien / Skizzen der einzelnen NS-Opfer über Anklicken NS-Opfer oder auf die einzelnen Namen):

Willi Karl App: * 27.9.1919 Stuttgart, † 14.3.1943 KZ Sachsenhausen

Karl Aretz: * 25.5.1891 Karlsruhe, † 18.10.42 KZ Flossenbürg

Karl Autenrieth: * 22.3.1900 Vaihingen an der Enz, † 4.7.1943 KZ Natzweiler

Kurt Baumgart: * 30.6.1913 Mannheim, † 24.9.1942 KZ Ravensbrück

Wilhelm Bay: * 11.2.1909 Backnang, † 18.9.1942 KZ Stutthof

Karl Belthle: * 22.7.1922 Ulm, † 13.2.1945 KZ Sachsenhausen

Adolf Billmann: * 6.2.1879 Karlsruhe, † 28.1.1940 KZ Mauthausen

Heinrich Böckle: * 8.3.1894 Rinklingen, † 19.12.1944 SS-Arbeitslager Dautmergen (Außenlager des KZ Natzweiler)

Johannes Böhme: * 11.4.1881 Mosel, † 10.4.1944 KZ Natzweiler

Richard Broosch: * 10.11.1912 Heidelberg, † 22.1.1943 KZ Mauthausen

Peter Michael Brühl: * 23.6.1893 Weißenthurm, † 2.1.1944 KZ Neuengamme

Otto Didier: * 10.9.1916 Schnierlach (Elsass), † 16.11.1944 KZ Neuengamme

Georg Dirauf: * 3.3.1887 Stuttgart / Birkach, † 30.3.1945 KZ Flossenbürg

Gottlob Doderer: * 16.4.1890 Stuttgart, † 22.8.1942 KZ Dachau

Friedrich Enchelmayer: * 13.8.1908 Stuttgart, † 9.11.1940 KZ Neuengamme

Adolf Ferrari: * 12.11.1914 Cham (Schweiz), † 18.2.1944 KZ Mittelbau-Dora

Adolf Fischer: * 21.2.1916 Mannheim, † 20.11.1942 Tötungsanstalt Schloss Hartheim, offiziell: KZ Dachau

Alfred Israel Fishel: * 10.5.1910 Karlsruhe, † 29.4.1940 KZ Sachsenhausen

Georg Flösser: * 21.1.1901 Weinheim, † 19.3.1944 KZ Buchenwald

Richard Friedhofer: * 7.2.1908 Stuttgart / Zuffenhausen, † 3.10.1944 KZ Groß-Rosen

Gerhard Fries: * 16.7.1918 Karlsruhe, † 19.10.1942 KZ Ravensbrück

Friedrich Fügel: * 2.1.1886 Plattenhard, † 12.3.1944 KZ Natzweiler

Maximilian Glass: * 11.2.1902 Stuttgart, † 26.5.1942 KZ Buchenwald

Karl Griesinger: * 18.4.1905 Lauffen am Neckar, † 29.10.1941 im KZ Sachsenhausen

Karl-Hermann Günner: * 10.6.1881 Alpirsbach, † 9.2.1945 KZ Dachau

Friedrich Habermaier: * 2.3.1887 Heidelberg, † 20.3.1945 im KZ Mauthausen

Gustav Hartmann: * 16.1.1892 Dielheim, † 4.10.1941 im KZ Sachsenhausen

Friedrich Haug: * 15.9.1914 Ulm, † 14.8.1943 im KZ Sachsenhausen

Fritz Hauser: * 4.4.1892 Freiburg, † 14.4.1944 im KZ Lublin-Majdanek

Jakob Hess: * 20.2.1895 Heidelberg, † 7.8.1943 im KZ Natzweiler

Gustav Holl: * 10.11.1892 Mannheim / Ladenburg, † 10.6.1940 im KZ Sachsenhausen

Wilhelm Huther: * 18.1.1908 Neuhausen auf den Fildern, † 25.3.1944 im KZ Majdanek

Fritz Junkermann: * 19.10.1883 Stuttgart, † Oktober 1942 Tötungsanstalt Bernburg – offiziell gestorben beim Transport vom KZ Sachsenhausen in das KZ Dachau

Albert Karl: * 14.1.1917 Augsburg, † 6.7.1943 im KZ Sachsenhausen

Lothar Keiner: * 18.8.1908 Mannheim, † 27.11.1942 im KZ Neuengamme

Franz Klauser: * 11.3.1907 Seebach, † 6.11.1944 im KZ Neuengamme

Georg Klimas: * 24.6.1903 Königshütte, † 13.1.1945 KZ Sachsenhausen

Herbert Klingmann: * 2.3.1904 Mannheim, † 11.8.1940 KZ Dachau

Alexander von Kloch-Komitz: † 18.10.1943 KZ Buchenwald

Otto Knauer: * 3.6.1897 Karlsruhe, † 7.7.1943 KZ Natzweiler

Johannes Kolb: * 6.2.1911 Aalen / Neuler, † 17.2.1944 KZ Natzweiler

Karl Lehmann: * 21.2.1896 Gnotau, † 24.11.1942 KZ Dachau

Heinz Leible: * 10.7.1913 Lörrach, † 6.9.1943 KZ Mauthausen

Karl Lohmele: * 5.4.1905 Strassburg (Österreich), † 26.7.1942 im KZ Stutthof

Erich Mäder: * 19.11.1904 Freiburg, † 17.5.1941 im KZ Ravensbrück

Julius Maier: * 8.10.1909 Mauchen / Müllheim, † 2.1.1945 KZ Dachau

Jakob Maser: * 16.11.1893 Rottweil / Fluorn, † 4.12.1942 Tötungsanstalt Schloss Hartheim – offiziell im KZ Dachau

Eduard Müller:* 9.5.1886 Schiltigheim (Elsass), † 28.2.1944 KZ Flossenbürg

Albert Nicklas: * 26.5.1901 Bad Mergentheim / Bronn, † 30.9.1941 KZ Flossenbürg

Rudolf Nicolai: * 14.9.1896 Koblenz, † 2.1.1942 KZ Neuengamme

Rudolf Pfaff: * 10.3.1907 Neckargmünd, † 25.4.1942 KZ Flossenbürg

Oskar Ragg: * 2.4.1908 Schwenningen, † 18.5.1943 KZ Stutthof

Johann Riesterer: * 21.2.1889 Zürich / Uster (Schweiz), † 17.1.1945 KZ Mauthausen

Hugo Roth: * 15.3.1895 Lodz, † 9.10.1942 KZ Flossenbürg

Philipp Josef Rothacker: * 1.10.1905 Schwetzingen, † 17.7.1942 KZ Sachsenhausen

Wilhelm Schaich: * 20.02.1896 Kohlberg, † 31.07.1942 im KZ Buchenwald

Josef Schnetz: * 28.3.1901 Ravensburg / Bavendorf, † 11.4.1942 im KZ Buchenwald

Hellmut Schmid: * 07.07.1905 Worms, † 21.08.1941 KZ Flossenbürg

Otto Schorer: * 19.10.1906 Tettnang, Todesdatum unbekannt KZ Ravensbrück

Arthur Schrag: * 13.2.1907 Eislingen/Fils, † 8.5.1942 KZ Flossenbürg

Wilhelm Schweizer: * 23.10.1883 Oberreggenau, † 4.11.1944 KZ Neuengamme

Anton Seeger: * 29.3.1900 Sigmaringen / Hausen am Andelsbach, † 7.1.1944 KZ Buchenwald

Engelbert Sollinger: * 19.7.1900 Rosenheim, † 27.2.1942 KZ Sachsenhausen

Emil Speck: * 4.6.1892 Karlsruhe, † 29.1.1945 KZ Dachau

Otto Steegmüller: * 18.3.1896 Böblingen / Magstadt, † 6.3.1943 KZ Natzweiler

Wilhelm Ernst Steiger: 12.5.1906 Rastatt, † 29.10.1942 KZ Groß-Rosen

Hilarius Stengele: * 21.10.1902 Tuttlingen / Kolbingen, † 4.6.1944 KZ Natzweiler

Wilhelm Thiele: * 27.1.1902 Mannheim, † 6.2.1943 KZ Natzweiler

Alois Thieme: * 30.1.1911 Mannheim, † 15.11.1941 KZ Buchenwald

Karl Walter: * 16.11.1896 Mühlacker, † 16.5.1943 KZ Natzweiler

Friedrich von Wangenheim-Brunner: * 8.1.1885 Wolfenbüttel, † 17.8.1942 KZ Dachau

Adolf Wilhelmi: * 15.4.1874 Freiburg, † 26.8.1942 KZ Dachau

Hans Winterhalter: * 16.7.1907 Hinterzarten, † 2.12.1942 KZ Sachsenhausen




2022: Mann-Männliche Prostitution im „Dritten Reich“

Mirjam Schnorr: Mann-männliche Prostitution im „Dritten Reich“: Von den Schwierigkeiten ihrer Erforschung im regionalen und lokalen Kontext, Heidelberg 2022.
Zur Verfasserin: Sie hat ihre Dissertation an der Universität Heidelberg über Alltags- und Verfolgungserfahrungen von Prostituierten und Zuhältern im NS-Staat verfasst. Hierbei legte sie einen lokalen Schwerpunkt auf den deutschen Südwesten. Sie ist aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main.

Generallandesarchiv Karlsruhe: Auszug aus einer Vernehmung des Rudolf P. durch die Kriminalpolizei, Mannheim, 19.10.1942, S. 17. Auf die Veröffentlichungs- und Vervielfältigungsrechte des Landesarchivs Baden-Württemberg wird hingewiesen.

2022 Verschiedenes

18. September 2022: 16. Stuttgarter LebenSlauf sensiblisiert für LGBT-Geflüchtete
Der 16. Stuttgarter LebenSlauf vom Sportverein Abseitz Stuttgart am Sonntag, den 18. September 2022 (Treffen Eingang Park Berg/Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule, Sickstraße 165, 70190 Stuttgart – siehe (www.stuttgarter-lebenslauf.de)) zugunsten der LGBT-Geflüchtetenarbeit von just human und Regenbogenrefugium der Weissenburg sensibilisiert für die Situation von LGBT-Geflüchteten.
In vielen Ländern dieser Erde erfahren LSBTTIQ-Menschen noch immer Gewalt, Unterdrückung und Verfolgung. Zum Beispiel im Iran: Tausende homosexuelle Männer sind in den vergangenen Jahrzehnten dort vom Staat hingerichtet worden. Jetzt verhängte ein Gericht erstmals die Todesstrafe gegen zwei lesbische Frauen – siehe https://www.rnd.de/…/todesstrafe-im-iran-erstmals-zwei… – Unterschriftensammlung: „Save Sareh and Eliham’s live“ hier: https://action.allout.org/en/m/66561cda/

2. September 2022: Malte C. stirbt nach queerfeindlichen Angriff beim CSD in Münster
Keine Verharmlosung mehr von homo- und transphober Gewalt in Deutschland – Stoppt Hasskriminalität, Rechtspopulismus und Gewalt!

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26. Juni 2022: Istanbul Pride trotz brutalem Polizeiterror
Es kam zu zahlreichen Festnahmen von Pride-Aktivist:innen, die sich auch in 2022 nicht einschüchtern haben lassen.

https://www.youtube.com/watch?v=2AeBJ9wHFAM

25. April 2022 Ehrung im Hotel Silber
Am 25. April 2022 wurde Ralf Bogen unter anderem wegen seiner Arbeit für das Internetprojekt „Der Liebe wegen“ mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. „Besonders hervorzuheben ist die Realisierung des Projekts ‚Der Liebe wegen, … von Menschen im deutschen Südwesten, die wegen ihrer Liebe und Sexualität ausgegrenzt und verfolgt wurden‘“ heißt es in der Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Auch im Beitrag „Ehrung für Ralf Bogen“ der Stuttgarter Nachrichten vom 26. April 2022 wird das Internetprojekt „Der Liebe wegen“ hervorgehoben: „Schicksale von Opfern der Nazis haben er und seine Mitstreiter mit ihrem Projekt „der Liebe wegen“ recherchiert und dokumentiert. Von den 251 Männern mit Bezug zu Baden und Württemberg haben 75 ihre KZ-Haft nicht überlebt.“

11. Februar 2022: Gedenken für Farid und Mehrdad – wegen Homosexualität vom iranischen Staat am 30.1.22 gehängt.
Seid dabei beim Totengedenken für Mehrhard Karimpou und Farid Mohammadi, die am 30.01.2022 aufgrund ihrer Homosexualität vom iranischen Staat gehängt wurden.
Lasst uns die Hinrichtung von Sareh, einer 28-jährigen lesbischen Frau durch internationalen Protest verhindern – https://mannschaft.com/iran-lesbische-frau-sendet-kurz…/ – beteiligt Euch an der Eilaktion/Urgent Action von amnesty: https://www.queeramnesty.de/…/iran-lgbti-aktivistin…
SCHWEIGEN = TOD – stoppt die Todestrafe im Iran!

24. Januar 2022: taz Queer Talk „Kein Platz für Queers in der Gedenkstunde des Bundestags am 27. Januar an die Opfer des Nationalsozialismus?“
mit Henny Engels (Bundesvorstand vom LSVD) und Dr. Lutz van Dijk (Historiker und Autor):
https://taz.de/taz-Queer-Talk-ueber…/!5821539/
https://www.tagesspiegel.de/…/neues…/27920808.html

29.03.2021: NS-Kriterien der Verfolgung beim Gedenken überwinden

In der Berliner Zeitung online ist am 29. März 2021 und in der Printausgabe am 7. April 2021 ein Beitrag von Hanno Hauenstein „Von Schwulen und Nazis zwischen Opfermythos und historischer Präzision“ erschienen, der ein Streitgespräch zwischen Dr. Lutz van Dijk und Dr. Alexander Zinn wiedergibt. Alexander Zinn sieht als Hauptproblem, dass „die Aufarbeitung der Verfolgung Homosexueller zur NS-Zeit für die queere Community ‚identitätsbildend'“ sei – „teils jedoch gegen die historische Faktenlage“. Eine positive Verklärung der Rosa-Winkel-Häftlinge will er festgestellt haben, die Kindesmißbrauch und Jugendverführung nicht angemessen berücksichtigt. Lesbische Frauen seien nicht wegen ihrer Homosexualität verfolgt worden. Demgegenüber warnt Lutz van Dijk in der Bewertung der Faktenlage allein mit NS-Kriterien zu operieren. Er ist ein Befürworter des Mahmals für lesbische Frauen in der Gedenkstätte Ravensbrück, die dort gelitten haben – „nicht, weil sie als lesbische Frauen verurteilt wurden, sondern weil ihr Leid unsichtbar gemacht wurde.“

Zu dieser Kontroverse bringen wir im Folgenden ungekürzt einen Leserbrief, der am 12. April 2021 in der Berliner Zeitung leicht gekürzt veröffentlicht wurde:

29. März 2021: Was für eine historische Forschung und Gedenkkultur wollen und brauchen wir?

Die historische Forschung hat jahrzehntelang sexuelle und geschlechtliche Minderheiten nicht als Opfer des NS- und Nachkriegsunrechts angemessen anerkannt und konkret erforscht. Sie hat sich stattdessen von patriarchalischen Vorurteilen gegenüber Homo-, Trans- und Intersexualität leiten lassen, die der NS-Staat zwar nicht erfunden, aber wesentlich verstärkt hat und die bis heute subtil weiterwirken. Leider trägt Zinn im Streitgespräch teilweise zur Bestärkung dieser Vorurteile bei:

Bezogen auf seine Leipziger Studie sagt Zinn, „dass ungefähr drei Viertel derjenigen, die im KZ mit einem rosa Winkel als Homosexuelle gekennzeichnet wurden, wegen Jugendverführung oder Kindesmissbrauch vorbestraft waren.“ Daraus können wir lernen, dass Rosa-Winkel-Häftlinge nicht per se gedenkwürdig sind und dass wir sehr genau hinschauen müssen. Vor dem Hintergrund, dass der NS-Staat homosexuelle Männer per se als „Kinderschänder“ stigmatisierte und bekämpfte, sehe ich das Hauptproblem bei Zinn darin, dass er mit dieser Aussage jegliche Differenzierung zwischen heute wie damals strafbaren Kindesmissbrauch einerseits und heute nicht strafbarer „Jugendverführung“ (im Grundsatz ist das Schutzalter heute 14 Jahre – unabhängig von der sexuellen Orientierung – bei wenigen Ausnahmen in Sonderfällen) andererseits vermissen lässt. Damit ersetzt Zinn eine von ihm kritisierte positive Verklärung in der Erinnerung an die homosexuellen NS-Opfer durch eine negative Verklärung, womit er seinem hohen Anspruch auf historische Präzision selbst nicht gerecht wird. Hingegen nennen wir in unserer, im Internet unter www.der-liebe-wegen.org veröffentlichten Studie zur heutigen Region Baden-Württemberg folgende Kriterien für die Anerkennung als homosexuelle NS-Opfer: „Insofern uns Informationen vorliegen oder noch zugänglich werden, wonach Personen auch Vergehen gemäß 174 Ziffer 1 (sexuelle Handlungen mit Minderjährigen unter Missbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen), gemäß 175 a Ziffer 1 (Gewalt und Nötigung) und gemäß § 176 (sexuelle Handlungen mit Kindern) begangen haben, haben wir diese nicht in unsere Gedenkkarte aufgenommen bzw. werden wir diese herausnehmen.“ Letzteres war bei einer von 251 Personen der Fall.

Mit dem Hinweis, dass KZ-Einweisungen nicht primär oder gar nicht aufgrund weiblicher Homosexualität erfolgten, wird seit Jahrzehnten das durch die NS-Diktatur verursachte spezifische Leid lesbischer Frauen übersehen oder gar wie mit dem von Zinn selbst als polemisch überspitzt bezeichneten Vergleich der Situation von Raucherinnen mit der von lesbischen Frauen im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück bagatellisiert. Auch hier stimme ich van Dijk zu, der die historische Forschung und die Gedenkkultur dazu anregen möchte, das NS-spezifische Unrecht gegenüber lesbischen Frauen stärker als bislang in den Blick zu nehmen. Das ist in dem von van Dijk mit herausgegebenen Sammelband „Erinnern in Auschwitz – auch an sexuelle Minderheiten“ mit wertvollen neuen Forschungsergebnissen beispielhaft gelungen.

Mit der Erstarkung rechtspopulistischer Kräfte in Deutschland geht die Zunahme von Hass und Hetze in verschiedenen Internetforen einher. Homo- und Transsexualität ist nach wie vor ein wichtiger Fluchtgrund angesichts von Gewalt und Verfolgung in vielen Ländern. Daher ist Zinn entschieden zu widersprechen, wenn er die Aufgabe, auf eine bessere Gesellschaft hinzuwirken, nur bei der Gedenkarbeit und nicht auch bei der historischen Forschung sieht. Das von van Dijk vertretene Anliegen eines angemessenen Erinnerns an das Leid sexueller und geschlechtlicher Minderheiten während der NS-Diktatur im Deutschen Bundestag am Auschwitzgedenktag ist wichtiger denn je.

Ralf Bogen, Stuttgart